Wirtschaft im Wahlkampf: Friedrich Merz und die Quadratur des Kuchens

BERLIN taz | Volkswirtschaften werden gerne mit einem Kuchen verglichen. An ihm lassen sich die zwei elementaren Seiten des Bruttoinlandsprodukts veranschaulichen: die Entstehungs- und Verwendungsseite. Denn Kuchen müssen gebacken werden, bevor sie verteilt werden können. So griff Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bei der Vorstellung seines Wahlprogrammes zu dieser Metapher: „Wir wollen nicht den vorhandenen kleinen Kuchen besser verteilen, sondern wir wollen gemeinsam einen größeren Kuchen für alle herstellen.“

Merz will Wirtschaftspolitik zum Wahlkampfthema machen. Doch das wollen auch die anderen Parteien: „Wir stehen für eine Wirtschaftspolitik, die Wachstum, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit miteinander verbindet“, schreibt die SPD in ihrem Wahlprogramm. Die Grünen versprechen eine „starke Wirtschaft für sichere Jobs“.

Dass die Wirtschaftspolitik eins der wichtigsten Themen im Wahlkampf wird, ist verständlich. Denn das Bruttoinlandsprodukt könnte das zweite Jahr in Folge schrumpfen, der Kuchen also kleiner werden. Zudem plagen die Wirtschaft strukturelle Probleme wie hohe Energiepreise und verschlafene technologische Entwicklungen. So streiten die Parteien darüber, wie der Kuchen wieder wachsen und der Umstieg vom Kohle- auf Elektroofen finanziert werden kann. Eine Partei sticht dabei heraus: „Wir wollen den demokratischen Sozialismus“, heißt es sehr eindeutig bei der Linken. Sie will also nicht nur den Kuchen, sondern die ganze Bäckerei anders verteilen.

SPD und Grüne wollen einen Deutschlandsfonds

Die Union hingegen will die Bäckereien und vor allem die Bäckermeister entlasten, um die Wirtschaftsleistung zu steigern. Sie verspricht unter anderem die Absenkung der Körperschaftssteuer und eine Reform der Einkommenssteuer. Von letzterer würden vor allem Besserverdienende profitieren, sagen Experten.

SPD und Grüne hingegen, die sich wirtschaftspolitisch ziemlich einig sind, wollen mit einer Investitionsprämie von 10 Prozent die Unternehmen zu mehr Investitionen bewegen. Außerdem versprechen sie eine Modernisierung der Infrastruktur. Auch darüber, wie sie die Maßnahmen finanzieren wollen, herrscht zwischen SPD und Grünen weitgehend Konsens: Neben der stärkeren Besteuerung großer Vermögen schlagen sie die Schaffung eines sogenannten Deutschlandsfonds vor. Mit Hilfe dieses Sondervermögens wollen beide Parteien neue Schulden machen.

Dies lehnte die Union bisher ab, weshalb sie ein Finanzierungsproblem hat. Denn ihre Wahlkampfversprechen sind 100 Milliarden Euro schwer. Woher das Geld kommen soll, ist fraglich. Ähnliches gilt für die Steuersenkungspläne der FDP, die sich alleine bei der Einkommenssteuer auf 95 Milliarden Euro summieren. Beide Parteien stehen bei der Finanzierung vor einem „großen Fragezeichen“, schreibt das Institut der deutschen Wirtschaft, da sie auch gegen höhere Steuern an anderer Stelle seien.

Es bleibt offen, wie Merz im Falle eines Wahlsiegs die Quadratur des Kuchens schaffen will. Vermutlich geht es nur mit neuen Schulden. So lehnt der Kanzlerkandidat der Union eine Reform der Schuldenbremse neuerdings nicht mehr ganz kategorisch ab.

  • informationsspiegel

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