Nach Unfällen zu Silvester: Scholz hält Böllerverbot trotz Toten für „irgendwie komisch“

Der Kanzler kritisiert Forderungen, Verbrauchern Knallkörper auch zu Silvester zu verbieten. Die Branche sieht Tote durch illegale Böller verursacht.

Berlin taz | Trotz der fünf Todesfälle durch Feuerwerk zu Silvester hält Bundeskanzler Olaf Scholz ein Böllerverbot für „irgendwie komisch“. So bezeichnete der SPD-Politiker im Magazin Stern am Wochenende entsprechende Forderungen und ergänzte: „Ich bin dafür, dass wir ordentliche Regeln haben für das Zeug, das da hergestellt wird.“

Seine Innenministerin Nancy Faeser (SPD) schlug immerhin vor, den Kommunen mehr Handlungsspielräume für lokale Verbotszonen zu geben. So eine Änderung der Sprengstoffverordnung forderte auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy. Dafür sei aber eine Mehrheit im Bundesrat nötig, die bislang fehle, sagte Faeser. Zuletzt hatte Bremen eine Gesetzesinitiative in diesem Sinne eingebracht.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger hatte für ein generelles Böllerverbot in Deutschland plädiert, sieht dabei aber in erster Linie den Bund in der Pflicht. Gleichzeitig verlangt die SPD-Politikerin Änderungen im Sprengstoffrecht, die den Bundesländern erlauben, „Pyro-Erlaubniszonen“ einzurichten, in denen das Abbrennen von Feuerwerk ausnahmsweise gestattet ist.

Verletzungen, Feinstaub, Müll

Die Deutsche Umwelthilfe, die Bundesärztekammer, der Deutsche Tierschutzbund und weitere Organisationen fordern schon lange, den privaten Kauf und Gebrauch von Pyrotechnik auch zu Silvester zu verbieten. Außer mit den zahlreichen Verletzungen durch Böller argumentieren sie zum Beispiel mit der erhöhten Belastung der Luft durch gesundheitsschädlichen Feinstaub und mit den Müllmengen. Organisierte, professionelle Feuerwerke wären trotz eines Böllerverbots für Verbraucher weiter erlaubt. Solche Regelungen gibt es zum Beispiel in Australien.

„Das Feuerwerk um Mitternacht gibt Anlass zur Begegnung und zur Übermittlung guter Wünsche für das neue Jahr“, teilte hingegen der Bundesverband für Pyrotechnik und Kunstfeuerwerk mit. Die schweren Verletzungen würden nur durch bereits verbotene Sprengkörper verursacht. Die Behörden müssten den Handel mit diesen Produkten konsequenter verfolgen. Die Feinstaubbelastung nehme wenige Stunden nach Silvester wieder ab. (mit dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei!

Jetzt unterstützen

  • informationsspiegel

    Related Posts

    Änderungen für Instagram und Facebook: Meta-Konzern beendet Faktencheck
    • January 8, 2025

    Meta-Chef Mark Zuckerberg kündigt eine Abschaffung des Faktenchecks auf seinen Social-Media-Apps an – und will mehr mit Trump „zusammenarbeiten“. mehr…

    Weiterlesen
    Debatte um Arbeitspflicht: Viel Schmutz, wenig Substanz
    • January 8, 2025

    Sind die Vorschläge der CDU zu Arbeitspflicht für Bürgergeldempfangende nur Wahlkampfgetöse? Was im Wahlprogramm wirklich vorgesehen ist. mehr…

    Weiterlesen

    Nicht verpassen

    Änderungen für Instagram und Facebook: Meta-Konzern beendet Faktencheck

    • 2 views
    Änderungen für Instagram und Facebook: Meta-Konzern beendet Faktencheck

    Debatte um Arbeitspflicht: Viel Schmutz, wenig Substanz

    • 2 views
    Debatte um Arbeitspflicht: Viel Schmutz, wenig Substanz

    Sci-Fi-Serie „Nachts im Paradies“: Ein deutsches „Sin City“

    • 2 views
    Sci-Fi-Serie „Nachts im Paradies“: Ein deutsches „Sin City“

    Tik-Tok-Trend „Day in the life“: Effizienz statt Esoterik

    • 2 views
    Tik-Tok-Trend „Day in the life“: Effizienz statt Esoterik

    Vermisster Krankenhaus-Direktor: Sorge um Hussam Abu Safia

    • 2 views
    Vermisster Krankenhaus-Direktor: Sorge um Hussam Abu Safia

    Dänemark, Grönland und Färöer: Eisbär und Widder als Politikum

    • 2 views
    Dänemark, Grönland und Färöer: Eisbär und Widder als Politikum