Abgesetzter US-Talker Jimmy Kimmel: Jetzt wird es ernst

D amit eine Schlagzeile knallt, muss das Publikum den Kontext kennen, die politische Lage, die kulturellen Hintergründe. So ist es auch bei der Absetzung des US-Talkshow-Moderators Jimmy Kimmel. Der oberflächliche Anlass sind seine Äußerungen zum mutmaßlichen Mörder des rechten Influencers Charlie Kirk, Tyler Robinson: Trumps „MAGA-Gang“ habe alles getan, um den Eindruck zu erwecken, der Attentäter sei keiner von ihnen. Der tiefere Kontext der Schlagzeile, die kulturelle Sprengkraft, ist aber in der Rolle von Komikern wie Kimmel im öffentlichen Diskurs der USA zu finden.

Denn ab 2001, genauer: dem War on Terror unter Republikaner George W. Bush, etablierten sich Satire und Comedy-Sendungen als mediales Gegengewicht zu vorgeblich seriösen Medien, als Letztere in der Paranoia nach den Anschlägen vom 11. September in Sachen Regierungskritik oft Selbstzensur betrieben. Die zunehmende Radikalisierung privater Nachrichtensender führte den satirischen Formaten noch weitere Zuschauer zu.

Der Komiker Kimmel steht in dieser Tradition, die 1999 mit Jon Stewart im Spartensender Comedy Central begann. Zunächst mit Stewart-Lehrling Stephen Colbert und eben Kimmel kam der Trend im Hauptprogramm an: der Welt der Late-Night-Shows – eigentlich harmlose Formate, bei denen Stars über ihre aktuellen Filme oder Alben schwatzen. Nur, dass der Gastgeber die Show mit einem oft bissigen Monolog beginnt.

Colbert, ein ausgesprochener Kritiker Trumps, wurde schon im Juli abgesetzt, jetzt erwischt es seinen Konkurrenten Kimmel – und als Nächstes fordert Trump die Entlassung der Late-Night-Talker Seth Meyers und Jimmy Fallon. Wer diese Entwicklung als Spartenprogramm abtut, hat die Pointe nicht begriffen: Genau wie Schlagzeilen brauchen auch Punchlines einen geteilten kulturellen Hintergrund, Comedy schafft diesen.

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Der Instinktpolitiker Trump weiß um die Bedeutung von Kimmel und Co, die trotz abnehmender Einschaltquoten mittels Clips auf Social-Media-Plattformen immer noch in aller Munde sind. Sie werden nicht so ernst genommen wie publizistische Bollwerke wie die New York Timesauf die es der Präsident ebenso abgesehen hat. Aber Komiker halten ein von vielen US-Amerikanern geteiltes Gefühl des inneren Widerstands am Leben. Auch weil jeden Abend Hollywood- und Musikstars in ihren Sesseln Platz nehmen und dabei oft einen liberalen Konsens hochhalten.

Trump, der selbst eine Vorliebe für derbe Punch­lines hat, kennt sein Publikum, nicht nur die liberaleren Bevölkerungsteile, sondern auch seine eher humorlose Anhängerschaft. Und wer Trumps Humor kennt weiß: Jetzt wird es sehr ernst.

  • informationsspiegel

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