Das Deutschlandticket ist nicht sozial: Deutschlandticket muss sterben, damit wir leben können

W arum manche das Deutschland-Ticket immer noch als Erfolg ansehen, Stichwort „Revolution für die Mobilität“, bleibt schleierhaft, denn es war von Anfang an nur ein Komfortprogramm für die Mittelschicht und gehört deshalb abgeschafft.

Pro & Contra: Ist das Deutschlandticket unsozial?

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Man muss sich mal ehrlich machen: Ein Fixpreis von zunächst 49 Euro, jetzt 58 Euro und ab Januar 63 Euro mag für die breite Mehrheit der Beschäftigten verkraftbar sein – für Menschen mit sehr geringem Einkommen bedeutet er eine kaum zu überwindende Belastung. Wer Bürgergeld bezieht, hat im Regelsatz aktuell 563 Euro im Monat. Davon sind für den gesamten Bereich Verkehr knapp 9 Prozent vorgesehen – also rund 50,50 Euro.

Mit 49 Euro lag das Ticket anfangs exakt an dieser Grenze. Mit 58 Euro überschreitet es sie bereits. Bei 63 Euro klafft die Lücke noch deutlicher. Rechnet man es durch, müsste der Regelsatz auf rund 703 Euro steigen, damit die vorgesehene Verkehrspauschale das Ticket tatsächlich abdeckt. Das wären rund 140 Euro mehr als heute. Solange dieser Schritt nicht gemacht wird, zwingt das Deutschland-Ticket Bedürftige dazu, anderswo zu sparen: an der Ernährung, an Kleidung oder an Kultur.

Das eigentliche Paradox liegt darin, wer von diesem milliardenschweren Projekt am stärksten profitiert. Am meisten sparen jene, die ohnehin vergleichsweise gut verdienen: Pendlerinnen, die zuvor mehrere Hundert Euro für Monatskarten im Regionalverkehr gezahlt haben. Für sie ist das Deutschland-Ticket ein Geschenk. Arbeitslose, Rentner mit Grundsicherung oder Geflüchtete konnten sich das Ticket schon für 49 Euro kaum leisten, geschweige denn jetzt.

Gut, sagen die Verteidiger des Deutschland-Tickets, muss es halt günstiger werden. Aber das ist doch nicht der Punkt. In seiner jetzigen Form wird das Ticket jedes Jahr mit Milliarden aus den öffentlichen Haushalten gestützt – also auch mit den Steuern jener, die sich das Ticket selbst gar nicht so einfach leisten können. Das Ergebnis ist also eine Subvention für die Mitte und nicht für die, die es am dringendsten bräuchten.

Natürlich gibt es Sozialtickets. In Berlin etwa zahlen Berechtigte 19 Euro, allerdings nur für die Tarifzonen AB. Wer nach Brandenburg hinausfahren will, muss draufzahlen. Andere Städte und Bundesländer haben ebenfalls Vergünstigungen, aber sie sind regional sehr unterschiedlich, oft an bürokratische Nachweise gebunden und keineswegs flächendeckend.

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Damit werden Bedürftige erneut in die Rolle gedrängt, Anträge zu stellen und Bescheide vorzulegen, während die Mittelschicht ihr Deutschland-Ticket bequem per App bucht. Wenn das Solidarität sein soll, dann kann man es gleich lassen.

Wer wirklich solidarisch gestalten will, muss ein nach Einkommen gestaffeltes Modell auf den Weg bringen: ein Ticket für 10 oder 20 Euro für Bedürftige, ein regulärer Preis für durchschnittlich Verdienende und ein höherer Beitrag für die, die gut verdienen. So kann das Deutschland-Ticket weg, denn es bringt die Solidargemeinschaft nirgendwohin.

Das sehen Sie ganz anders? Tobias Schulze auch. Hier lesen Sie sein Contra.

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