
Der Bundesfinanzhof (BFH) in München hat entschieden, dass das sogenannte „Bundesmodell“ der reformierten Grundsteuer nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Rund 2,8 Millionen Eigentümer:innen hatten gegen ihre Grundsteuerbescheide Einspruch erhoben.
Die Eigentümer:in eines Einfamilienhauses zahlt pro Jahr einige Hundert Euro Grundsteuer. Wohnungseigentümer:innen zahlen entsprechend weniger, die Eigentümer:innen ganzer Häuserblocks entsprechend mehr. Das jährliche Aufkommen der Grundsteuer beträgt bundesweit rund 16 Milliarden Euro. Es fließt ausschließlich den Kommunen zu, für die es neben der Gewerbesteuer und dem kommunalen Anteil an der Einkommensteuer eine der wichtigsten Geldquellen ist.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte 2018 die alte Grundsteuer für verfassungswidrig, weil die zugrundeliegenden Einheitswerte völlig veraltet waren. In Westdeutschland wurden sie zuletzt 1964 festgestellt, in Ostdeutschland sogar schon 1935. In der Zwischenzeit hatten sich die Werte der Immobilien aber je nach Lage sehr unterschiedlich entwickelt, was durch die bloße Fortschreibung der alten Einheitswerte nicht erfasst werden konnte.
Fünf Ausnahmeländer
Das Bundesverfassungsgericht setzte dem Gesetzgeber eine Frist bis 2019, um ein neues Gesetz zu schaffen, und eine zweite Frist bis 2024, in der noch das alte Grundsteuerrecht angewandt werden durfte. Im Oktober 2019 novellierte der Bundestag das Grundsteuer- und das Bewertungsgesetz. Das Bundesmodell gilt heute in elf Bundesländern. Dagegen schufen fünf Bundesländer – Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen – eigenständige Gesetze.
In den letzten Jahren wurden rund 36 Millionen Immobilien in Deutschland neu bewertet. Seit Jahresbeginn wird die neue Grundsteuer erhoben. Politisches Ziel war, dass die Reform „aufkommensneutral“ sein sollte. Dieses Ziel wurde auf der Ebene der Kommunen erreicht, indem diese ihre Hebesätze entsprechend anhoben oder senkten.
Für einzelne Eigentümer:innen ist die Reform aber natürlich nicht neutral. Manche Eigentümer:innen müssen nun weniger Grundsteuer zahlen – und freuen sich still. Dagegen müssen andere Eigentümer:innen, deren Immobilie überdurchschnittlich an Wert gewonnen hatte, jetzt mehr bezahlen und ärgern sich lautstark.
Rund 2,8 Millionen Eigentümer:innen erhoben bundesweit Einspruch gegen ihren Steuerbescheid. Sie machten dabei oft vorsorglich von Mustervordrucken Gebrauch, die der Bund der Steuerzahler und der Verband „Haus und Grund“ zur Verfügung stellten.
Kläger:innen geben nicht auf
Beim BFH ging es nun lediglich um das Bundesmodell. Als Musterklagen wurden drei Steuerverfahren aus Köln, Freital (Sachsen) und Berlin-Spandau ausgewählt. Die Kläger monierten vor allem, dass die Feststellung der Bodenrichtwerte und die Sollertrags-Nettokaltmieten zu sehr pauschaliert wurde. Dies verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Artikel 3 Grundgesetz.
Der Bundesfinanzhof wies die Revisionen jetzt aber allesamt zurück. Die obersten deutschen Finanzrichter:innen hatten keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Bundesmodell. Der Gesetzgeber habe im Steuerrecht einen „weitreichenden Gestaltungsspielraum“. Bei Massenverfahren wie der Grundsteuer dürfe er auch typisieren, um eine weitgehend automatisierte Steuerfestsetzung zu ermöglichen, erklärte die Vorsitzende Richterin Franceska Werth.
Die Kläger:innen wollen mit Unterstützung des Bunds der Steuerzahler und von „Haus und Grund“ jetzt Verfassungsbeschwerde erheben. Die Erfolgsaussichten dürften aber gering sein, weil auch das Bundesverfassungsgericht in Steuerfragen keine absolute Einzelfallgerechtigkeit fordert.
Auch gegen die Grundsteuermodelle der fünf übrigen Bundesländer liegen zahlreiche Verfahren beim BFH. Voraussichtlich im April werden die Münchener Richter zunächst über die Grundsteuererhebung in Baden-Württemberg verhandeln. (Az.: II R 25/24)






