Bremens Ziel der Klimaneutralität: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist schwierig

Bremen taz | „Die bevorstehende Aufgabe für diese und künftige Regierungen ist zugegebenermaßen enorm, aber machbar“ – ein Zitat zum Klimaziel, allerdings zu dem in Bremen: 2021 stand es so im Abschlussbericht der „Enquetekommission Klimaschutz“, die den Weg zu Bremens ehrgeizigem Klimaschutzgesetz vorbereitet hatte.

Die Bür­ge­r*in­nen waren nicht gefragt worden, aber dafür hatte die Enquetekommission fraktionsübergreifend getagt. Das Ziel, bis 2038 klimaneutral zu werden, wurde am Ende von allen Bürgerschaftsfraktionen gemeinsam verabschiedet: Obwohl nach zahlreichen Gutachten und viel Arbeit in der Kommission allen klar war, wie schwer es würde, konnten sich Linke, Grüne, SPD, CDU und FDP darauf einigen.

Verbindlich und überprüfbar sein sollte das Ganze auch: Unter dem schönen Namen „Ausschuss zur Begleitung und parlamentarischen Kontrolle der Umsetzung der Empfehlungen der Enquetekommission,Klimaschutzstrategie für das Land Bremen’“ sollte jedes Quartal ein Kontrollgremium der Regierung auf die Finger schauen.

Es ist nicht so, dass bisher nichts geschehen wäre: In diesem Juli wurde der Klimaaktionsplan aktualisiert; und der Bremer Senat informiert über seine Klimaschutzaktivitäten öffentlich auf einer Webseite. Von 245 Einzelmaßnahmen sind 16 abgeschlossen, weitere 185 im Zeitplan: Bildungsmaßnahmen, eine Solardachpflicht, der Kohleausstieg 2024. 82 Prozent der Maßnahmen liegen damit im grünen Bereich, das sieht nicht schlecht aus im Kreisdiagramm auf der Webseite.

Ob sich die ehrgeizigen Ziele erreichen lassen, liegt möglicherweise auch an den restlichen 18 Prozent, die spät dran sind oder gar zurückgestellt wurden – darunter die nicht ganz unwichtige Strategie zur energetischen Gebäudesanierung (kein Geld, keine Mitarbeiter).

Es fehlen Daten zu Treibhausgaseinsparungen

Vor allem aber kann niemand beziffern, welche Einsparungen die Maßnahmen bisher gebracht haben. Bis 2023 sollte die Reduktion der Treibhausgase gegenüber 1990 35 Prozent betragen, bis 2025 41 Prozent. Die Kontrolle der Zwischenstände ist im Gesetz zwingend vorgesehen. Doch es liegen keine Zahlen vor, nicht für 2025, nicht für 2023.

Das statistische Landesamt in der Innenbehörde hätte die CO2-Berechnung übernehmen sollen, bekam aber im Haushalt kein zusätzliches Geld dafür. Der zuständige Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) reagierte mit Totalverweigerung. „Ich könnte Polizei- oder Feuerwehrbeamte dafür einsparen“, sagte er im Ausschuss. „Dies mache ich aber nicht.“ Immerhin, mittlerweile ist klar: Das Controlling soll jetzt an ein externes Institut vergeben werden.

So ein Rechtsbruch im Controlling, das kann sich der Hamburger Senat schon merken, hat dann eben auch nicht sofort Folgen. Aber vielleicht weiß man das dort ja auch schon.

  • informationsspiegel

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