Ende der scheinheiligen Zeit: Hilfe, es weihnachtete zu sehr

P uh, es ist geschafft! Weihnachten liegt hinter uns! Die Werbebranche inszenierte Harmonie, Instagram erzählte von Heimkehr, verspäteten Bahnen und Familienglück. Medien verrieten Strategien für Gespräche mit dem AfD-Onkel und Konter gegen die Frage, wann man die Eltern zu Großeltern macht. O du schöne, heile und verdammt stereotype Weihnachtszeit. Denn für viele ist dieses Fest in echt alles andere als besinnlich: ein stilles Trauerspiel.

Geschenke kaufen? Ein Alibiakt, bei dem man lächelnd Geld verbrennt, das im Januar fehlen wird. Oder, noch besser, die Zahl hinter dem Minus auf dem Konto weiter wachsen lässt. Familie? Eher Minenfeld als Rückzugsort. Besinnlichkeit? Eine wiederkehrende Marketinglüge, untermalt von „Last Christmas“ in Dauerschleife.

Während manche freudig in die „Heimat“ düsen, werden andere unfreiwillig an all das erinnert, was fehlt: Eltern, die nicht mehr leben; Verwandte, die man nicht aus ihrer Sucht retten kann; ein Ort, der sich nach Zuhause anfühlt, der Erinnerungen an eine unbeschwerte Kindheit und an lustige Anekdoten aus der Vergangenheit evoziert und nicht den Gedanken „Bin ich froh, dass ich hier weg bin“.

Hätte man wenigstens einen Ort vor Augen, wenn man an Heimat denkt. Oder Erinnerungen an eine Zeit, in der der Haussegen noch nicht schief hing. Doch was, wenn es den Haussegen im eigenen Leben noch nie gab? Das „Fest der Liebe“ lässt viele nicht nur einsam zurück, sondern beschert einem Narrative, die nicht stärker von der Realität vieler Menschen abweichen könnten.

Zwischen den Jahren fühlt sich alles freier, leichter an

Aber jetzt ist es ja geschafft, und die Geschäfte öffnen wieder. Fitnessstudios begrüßen Vorsatzwütige. Freunde kehren aus ihrer Weihnachtsblase zurück. Das Leben geht weiter – ohne Zimt, Lametta und Heuchelei.

Und dann ist ja auch gleich Silvester. Zum Glück! Ein ehrlicheres Fest mit Raum für Individualität. Zwischen den Feiertagen ist Platz für das eigene Tempo, ohne sentimentale Werbespots und Weihnachtsroutine. Man kann sich in die Massen stürzen, allein die Korken knallen lassen oder es ignorieren. Alles fühlt sich freier, leichter an. Und vor allem: wahrlich besinnlich. Vielleicht ist es genau das, was wir uns für das kommende Jahr (und für alle anderen Jahre auch) wünschen sollten: mehr Raum für das, was wirklich zählt – und echt ist.

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