EU-Handelskonflikt mit den USA: Trump erhöht Autozölle

Berlin taz | „Dem besten Präsidenten der modernen amerikanischen Geschichte, Donald John Trump.“ So fängt das Buch mit dem Titel „Taking Back Trump’s America“ an, das Peter Navarro 2022 veröffentlichte. Kurze Zeit später ging der Ökonom vier Monate ins Gefängnis, weil er sich geweigert hatte, Trumps Aussagen zum Sturm aufs Kapitol öffentlich zu bezeugen. Navarro ist der Getreueste der Treuen des noch neuen US-Präsidenten. Und er ist Trumps persönlicher Berater für Handel und Industrie, der Architekt seiner knallharten, von vielen als erratisch empfundenen Handelspolitik. Navarro ist der „Zar der Zölle“, der Mann, der Europa im Handelskonflikt mit den USA auf die Knie zwingen will.

In der Nacht zum Donnerstag kündigte Trump an, was viele erwartet hatten: Ab kommenden Mittwoch erheben die USA Importzölle auf Autos und Autoteile in Höhe von 25 Prozent. Wenn die Hersteller nicht auf Marge verzichten, werden die Importwagen also deutlich teurer. Automobilhersteller würden nun wieder vermehrt in den USA produzieren, so Trump: „Ich denke, unsere Automobilbranche wird florieren wie noch nie zuvor.“

Von einer „schlechten Nachricht für die deutschen Autobauer, für die deutsche Wirtschaft, für die EU, aber auch für die USA“, sprach der deutsche Noch-Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Sie greifen in die globalen Lieferketten ein und werden auch US-Autos teurer machen.“ Die Aktien von Europas Autobauern sackten am Donnerstagmorgen als Reaktion in die Tiefe: Die Papiere von Porsche, Mercedes-Benz, Volkswagen, BMW und Daimler Truck gaben zwischen drei und fünf Prozent nach, auch Autoteilehersteller wie Continental waren betroffen.

Die deutschen Konzerne sind Hauptziel von Trumps Maßnahmen: Denn die USA sind wichtigster Absatzmarkt der Deutschen. Kein anderes Land nahm 2024 so viele neue Pkw made in Germany ab wie die USA: Sie lagen mit einem Anteil von 13,1 Prozent an den Exporten vorn, gefolgt von Großbritannien (11,3 Prozent) und Frankreich (7,4 Prozent). Fast jeder dritte Porsche und jeder sechste BMW wurden in Nordamerika verkauft, bei VW, Audi und Mercedes-Benz lag der Anteil jeweils bei 12 bis 15 Prozent. Insgesamt wurden 2024 785.000 europäische Fahrzeuge in den USA abgesetzt, 446.000 davon aus Deutschland.

Weitere US-Zölle kommen

Das Problem: Für den kommenden Mittwoch hat Trump bereits den Start von weiteren Zollmaßnahmen gegen die EU angekündigt. Länder, die US-Produkte mit hohen Zöllen belegen, sollen künftig denselben Sätzen ausgesetzt werden. Das nennt Trump „reziproke“ Zölle. „Der 2. April wird ein Tag der Befreiung“, hatte der US-Präsident gesagt. „Wir werden unfairen Handel nicht länger akzeptieren.“ Bei Autos gibt es derzeit tatsächlich Ungleichheiten im transatlantischen Handel: In Europa verkaufte US-Autos werden in der EU mit 10 Prozent Zollaufschlag belastet, umgekehrt sind es derzeit „nur“ 2,5 Prozent US-Zölle auf Autos aus Europa. Allerdings sind die US-Zölle auf Pickups und leichte Nutzfahrzeuge mit 25 Prozent deutlich höher. Trump stört sich auch an den strengen Emissions- und Sicherheitsstandards in der EU.

Noch am Dienstag hatte EU-Handelskommissar Maros Sefcovic, das Schlimmste zu verhindern versucht: Bei einem Besuch in Washington wollte er Ausnahmen oder Abschwächungen verhandeln. Offenbar vergeblich.

ÖkonomInnen weltweit halten den Kurs Trumps, Staaten wie Kanada, Mexiko, China oder eben der EU mit Zöllen zu drohen, diese wieder zurückzuziehen und dann doch einzuführen, für schädlich für alle Beteiligten, auch für die US-Wirtschaft – und sehen sich in der aktuell mauen Konjunktur in den Vereinigten Staaten bestätigt.

Unsicherheit erhöhen, Vertrauen zerstören

„Die Zölle treffen mit dem Auto das wichtigste Exportgut Deutschlands“, sagte Clemens Fuest, Präsident der Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo. Die „unmittelbaren Auswirkungen auf die deutsche Volkswirtschaft als Ganzes dürften aber erst einmal begrenzt bleiben“, betonte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). „Auch weil viele Amerikaner weiter hochwertige deutsche Autos auch zu höheren Preisen kaufen werden.“ Trumps Unberechenbarkeit könne aber die Unsicherheit für deutsche Unternehmen weiter erhöhen und Vertrauen zerstören. Die EU müsse jetzt „glaubwürdig mit Gegenmaßnahmen drohen“, so Fuest. „Das könnte beispielsweise die Ankündigung einer Digitalsteuer sein, die US-Unternehmen hart treffen würde“, so der Ifo-Chef.

Die Zeichen im Handelskonflikt stehen also auf Eskalation. Seit dem 12. März gelten bereits neue US-Zölle von 25 Prozent auf Stahl- und Aluminium-Einfuhren. An erster Stelle der betroffenen US-Lieferanten steht Kanada, danach folgt Brasilien, dann die EU. Brüssel antwortete wie Kanada bereits mit Gegenmaßnahmen. Die Europäer wollen so ab Mitte April auf US-Produkte wie Jeans, Whiskey und Motorräder Zölle erheben. Genauer wollte sich die EU-Kommission am Donnerstag vorerst nicht äußern.

Die Zollspirale wird sich wahrscheinlich weiter drehen. Trump und seine Einflüsterer sehen sich schließlich als Opfer unfairer Handelspraktiken der anderen. Navarro gilt als „China-Falke“, für den die USA im globalen Systemkampf mit dem kommunistischem Regime in Peking stehen. Und er wettert gegen die „Globalisten“, Anhänger eines ungehinderten, regelbasierten Welthandels.

Oder gegen die Mehrwertsteuer in Europa, die die Zölle der EU noch erhöhe. Die Europäer seien schuld am hohen US-Handelsdefizit. Donald Trump formulierte es zuletzt so: „Ja, ich finde, sie sind Schmarotzer. Die EU behandelt uns in Handelsfragen furchtbar!“

„Wir sind keine Planwirtschaft“

„Sie sind wild entschlossen“, sagt Claudia Schmucker, Handelsexpertin der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik (DGAP). Europa müsse nun bei Verhandlungen versuchen, die USA zu beschwichtigen. Die EU könnte so mit mehr Einkauf von Flüssiggas, Wasserstoff, Militär- und Agrarprodukten locken. Aber direkten Einfluss hätten die Verhandler wie EU-Kommissar Sefcovic darauf nicht, „wir sind keine Planwirtschaft“, so Schmucker.

Ein weiteres Problem liegt darin, dass die Europäer – und Deutschland – nur mittel- und langfristig auf andere Handelspartner wie die Mercosur-Staaten in Lateinamerika, Indien oder die Staaten Südostasiens umschwenken können. Erstens läuft der Austausch mit den Vereinigten Staaten bestens: Mit Ex- und Importen in Höhe von 253 Milliarden Euro waren die USA im vergangenen Jahr erstmals seit 2015 wieder Deutschlands wichtigster Handelspartner – und lösten damit China ab.

Andererseits ist China mit autoritärem Auftreten und der Zuwendung zu Russland zum immer schwierigeren Handelspartner geworden. Das weiß auch EU-Kommissar Sefcovic, der nach seinen Washington-Besuch direkt nach Peking weiterreiste.

Hier steht Brüssel vor einem weiteren Dilemma: Es will wirtschaftliche Abhängigkeiten von China verringern, aber keine „Entkopplung“, also ein Drosseln oder gar ein Ende der wichtigen Handelsbeziehungen. Chinas massive Subventionen für Autos, Stahl oder Windräder bedrohen Europas Produzenten – da ist sich die EU sogar mit den USA einig. Aber die Amerikaner sind von den Billigprodukten aus China längst nicht so betroffen wie Europa. Auf Elektroautos aus China hatte bereits Präsident Joe Biden Importzölle in Höhe von 100 Prozent erlassen. „Die Bedenken gegenüber China nehmen nicht ab“, so Schmucker, „nur weil es Probleme mit den USA gibt“.

  • informationsspiegel

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