Irisches Rechercheprojekt: Wo landen Altkleider wirklich?

Dublin taz | Was passiert mit einer Hose, die in Irland in einen Altkleidercontainer geworfen wird? Dieser Frage ist die Umweltschutzorganisation Voice Ireland mit ihrem Projekt Threads of Truth nachgegangen. Dabei kam heraus, dass viele Kleidungsstücke Tausende von Kilometern entfernt in Ländern des Nahen Ostens und Afrikas wieder auftauchen – oft mehrere Monate, nachdem sie gespendet wurden.

Eine Hose zum Beispiel, die bei Penneys gekauft und später in einer Kleidersammlung in Dublin abgegeben wurde, ist durch Polen und Deutschland gereist und wurde zuletzt in Libyen geortet. „Wir haben festgestellt, dass die Kleidung in die ganze Welt geht“, sagte die Projektleiterin bei Voice Ireland, Solene Schirrer, zur Irish Times. Die verantwortungslose Entsorgung von Altkleidern ist freilich längst nicht nur ein irisches, sondern ein gesamteuropäisches Problem. Die Organisation hat 35 Kleidungsstücke mit einem Air-Tag ausgestattet. 27 davon konnten auf ihrer Reise durch Europa bis zu ihrem aktuellen Aufenthaltsort acht Monate später in Togo in Westafrika, in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Kenia, Pakistan und Libyen verfolgt werden.

Eine schwarze Jogginghose zum Beispiel, die im Dezember 2024 in Dublin abgegeben wurde, reiste vom Dubliner Hafen nach Rotterdam, später nach Polch in Deutschland, dann nach Szécsény in Ungarn, zurück nach Regensburg und weiter nach Hünxe in Deutschland, wo sie verblieben ist.

Ein blau-rot gestreiftes Hemd, das im März 2025 bei einer Kleiderkammer in Ranelagh, Dublin, abgegeben wurde, reiste nach Gniezno in Polen, wo es in einer Wohnsiedlung ankam. „Wir deaktivieren die Etiketten, sobald der Artikel in einem Wohngebiet ankommt“, sagte Schirrer. „Die Empfänger haben die Möglichkeit, sich mit uns in Verbindung zu setzen.“ Voice Ireland hat bisher aber noch keine Rückmeldung von Endverbrauchern erhalten. Kinderkleidung wurde nicht in das Projekt aufgenommen.

Export seit 20 Jahren mehr als verdoppelt

Das Projekt hat eine Karte am 18. August online gestellt, auf der man den Weg der Kleidung verfolgen kann. Es ist geplant, jedes ­Kleidungsstück bis zum Abschlussbericht, der im Oktober erscheinen soll, weiter zu beobachten. In einem Bericht über die EU-Ausfuhren von Alttextilien aus dem Jahr 2024 stellte die Europäische Umweltagentur fest, dass sich der Export aus den EU-Ländern – hauptsächlich in afrikanische und asiatische Länder – seit 20 Jahren mehr als verdoppelt habe.

Schirrer hofft laut Irish Times, dass Bekleidungshersteller, Einzelhändler und Textilrecycler durch den Nachweis der oft umständlichen Wege der ausrangierten Textilien gezwungen werden, transparenter zu machen, wo diese Textilien landen. „Viele Leute sagen, dass wir immer noch Kleidung exportieren müssen, da es Märkte im Ausland gebe“, sagt sie. „Es sollte jedoch strengere Rechtsvorschriften geben, um sicherzustellen, dass exportierte Kleidung wiederverwendet und recycelt wird, und nicht einfach in anderen Ländern deponiert wird.“

Sie plädiert dafür, dass in den Vorschriften zur erweiterten Herstellerverantwortung (EPR), nach denen die Hersteller für die Entsorgung von Textilien zahlen müssen, berücksichtigt wird, wo die Kleidungsstücke am Ende ihres Lebens landen: „Fairerweise muss ein EPR-System Geld an die Leute geben, die ihre Kleidung wiederverwenden und recyceln. Wenn also ein Kleidungsstück in Togo landet, sollte der dortige Händler einen Teil der EPR-Gebühr erhalten.“ Das EPR-System der EU soll 2028 verbindlich werden.

  • informationsspiegel

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