Podcast über „Love Scam“: Lukrative Liebesmaschen

Der ÖRR-Podcast „House of Scam“ gibt dem Ausdruck „Blind vor Liebe“ eine neue Dimension. Und nicht nur im heimelig-privaten – das Business ist global.

Nur noch einmal, nur 3.500 Euro. Dann können wir endlich für immer zusammen sein“ – so oder so ähnlich klingt ein „Love Scam“, eine perfide Taktik, mit der Be­trü­ge­r*in­nen ihren Opfern die große Liebe vorgaukeln und sie dann mit Fake-Versprechen dazu bringen, ihnen immer mehr Geld zu schicken.

Dass viele Scam­me­r*in­nen aber selbst in dubiosen „Scam-Fabriken“ festgehalten werden, zeigt der sechsteilige Doku-Podcast „Legion: House of Scam“ vom RBB, NDR und der Produktionsfirma Undone.

In der ersten Folge rekonstruiert Ramona, die in echt anders heißt, wie sie innerhalb von drei Monaten 84.000 Euro an drei Männer überweist. Je mehr sie aus den Chatverläufen liest, desto nachvollziehbarer wird, wie es so weit kommen konnte.

Die Recherche führt Host Khesrau Behroz („Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?“) und sein Team aber noch weiter – nämlich bis nach Thailand, kurz vor die Grenze zu Myanmar. Ein Land im Bürgerkrieg und ohne funktio­nierenden Rechtsstaat: Es ist der perfekte Ort, um ungestört Betrugsfabriken aufzubauen, in denen Menschen andere per Chat betrügen ­– viele unfreiwillig.

„Legion: House of Scam“

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Grausame Foltermethoden

Eine davon ist Lillian, sie kommt aus einem kleinen Dorf in Kenia. In der dritten Folge spricht das Team mit der Ex-Scammerin, die für ein vermeintliches Jobangebot nach Thailand reist und von dort in eine der Fabriken verschleppt wird.

Sie erzählt von grausamen Foltermethoden für nicht erfüllte „Ziele“. Aber wenn die Menschen in den Fabriken selbst nur Opfer sind, wo verstecken sich die großen Fische? Eine Sondereinheit gegen organisierte Kriminalität auf den Philippinen ist ihnen auf der Spur und das Podcast-Team live dabei.

Mit rund 30 Minuten sind die Folgen zwar kurzweilig, aber alles andere als leichte Kost. Die persönlichen Geschichten machen die komplexe Industrie hinter dem alltäglich gewordenen Betrug greifbarer. Und geben dem Ausdruck „Blind vor Liebe“ eine ganz neue Dimension.

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