China zieht die Daumenschrauben in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong weiter an. Europa sollte genau hinsehen.
A uch wenn Hongkongs pro-demokratisches Lager bereits am Boden liegt, muss es dieser Tage gleich zwei schmerzhafte Tritte hinnehmen: Die älteste Oppositionspartei stimmte für ihre Auflösung, diesen Montag folgte der Schuldspruch des Peking-kritischen Medienmoguls Jimmy Lai. Beide Fälle legten schonungslos die politischen Verhältnisse in der ehemals britischen Kronkolonie offen.
Dass die „Democratic Party“ so lange existiert hat – wenn auch zuletzt nur mehr auf dem Papier -, ist durchaus überraschend. Unzählige Zeitungen, Nichtregierungsorganisationen und Parteien mussten schließlich in der Vergangenheit ihre Pforten schließen.
Noch überraschender scheint, dass die Parteimitglieder für ihr eigenes Aus votiert haben. Als während der Pressekonferenz ein Journalist die Gründe dafür erfragen wollte, erntete er nur betretenes Schweigen. Denn schon das Benennen der Probleme würde die ehemals pro-demokratischen Politiker in Gefahr bringen.
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Man muss sich das einmal sinnbildlich vor Augen halten: Da wird eine politisch gemäßigte Partei, die mehr als drei Jahrzehnte für demokratische Rechte kämpft, dazu gezwungen, sich das eigene Grab zu schaufeln – und darf bei der Beerdigung nicht einmal den politischen Mörder klar benennen. Doch wie es Leuten ergeht, die ihre Meinung gegenüber der chinesischen Zentralregierung allzu selbstbewusst äußern, musste der 78-jährige Jimmy Lai am eigenen Leib erfahren. Wegen Peking-kritischer Artikel, die in seiner Zeitung „Apple Daily“ erschienen sind, wird Lai wohl Zeit seines Lebens nicht mehr seinen Sohn in Freiheit umarmen können.
Jimmy Lais Schicksal sollte Europa ganz genau verfolgen, denn der 78-Jährige besitzt auch die britische Staatsbürgerschaft. Und sein Fall wirft unangenehme Fragen auf: Wenn man die Standards des nationalen Sicherheitsgesetzes anwendet, wegen dem Jimmy Lai nun hinter Gittern sitzt, dann würde auch dieser Text hier mehrere Strafbestände erfüllen. Wer kann sich in einem solchen politischen Klima noch sicher fühlen?
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