Reaktionen auf Alaska-Gipfel: Kyjiws Erleichterung ohne Vertrauen

Während in der Ukraine viele Menschen nach einer der wenigen ruhigen Nächte ohne Beschuss endlich Schlaf fanden, kamen in Alaska US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin zu einem Gipfel zusammen. Als die Ukrai­ne­r:in­nen am Samstagmorgen die Nachrichten lasen, stießen sie auf ein neues Wort: „Nothingburger“. Mit Erleichterung griffen sie den Begriff auf – denn beim Gipfeltreffen von Donald Trump und Wladimir Putin war der befürchtete Deal hinter dem Rücken der Ukraine und Europas ausgeblieben. „Bisher ist nichts passiert, aber es hätte schlimmer kommen können. Eines ist klar: Putin ist wieder salonfähig und es wird keine Sanktionen seitens der USA geben“, kommentierte Anna aus Kyjiw.

In den sozialen Netzwerken reagierten viele Ukrai­ne­r:in­nen mit deutlicher Kritik – manche sprachen sogar von Abscheu über Ton und Inszenierung des Gipfels zwischen Donald Trump und Wladimir Putin. Amerikanische Soldaten, die auf den Knien einen roten Teppich für den russischen Diktator ausrollten, der Applaus von Donald Trump für ihn, militärische Ehren für einen Kriegsverbrecher – all dies wurde von den Ukrainern in den sozialen Netzwerken mit Unverständnis kommentiert. Nur wenige Stunden vor dem Empfang hatten russische Truppen einen belebten Markt im Zentrum von Sumy mit Drohnen angegriffen.

Viele Menschen starben. In der Ukraine fragt man sich nun, wie der amerikanische Präsident dem Oberbefehlshaber dieser Armee zugleich mit so viel Respekt begegnen kann. „Es sah aus, als hätte ein Teenager sein Idol getroffen, das ihm kein Autogramm geben wollte“, kommentierte eine Facebook-Nutzerin. Eine weitere Frau äußerte sich enttäuscht: „Die Ermordung von Ukrai­ne­r:in­nen wurde legalisiert – das Völkerrecht hat erneut verloren. Dies ist ein neuer Kolonialismus: Die Mächtigen haben wieder das Recht, den Schwächeren nicht nur etwas wegzunehmen, sondern sie auch zu töten.“

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Eines ist klar: Putin ist wieder salonfähig und es wird keine Sanktionen seitens der USA geben

Anna aus Kyjiw

Sorge um untragbare Zugeständnisse

Dass keine konkrete Vereinbarung erzielt wurde, keine Waffenruhe erwähnt und das Treffen kürzer dauerte als geplant, wurde in der ukrainischen Gesellschaft als eindeutiges Signal wahrgenommen: Putin bleibt bei seinen Forderungen. „Trump hat keine Vereinbarungen bekannt gegeben, weil sie so schlecht sind, dass er Kritik fürchtet – und weil er glaubt, die Ukraine zu Zugeständnissen zwingen zu können“, vermutet die ehemalige Abgeordnete Hanna Hapko. Trumps Aussage in einem Interview mit Fox News nach dem Gipfel – „Jetzt hängt alles von Selenskyj ab. Er muss einen Deal mit Russland schließen“ – bestätigte für viele Ukrai­ne­r:in­nen die Sorge, dass er sie zu untragbaren Zugeständnissen drängen will.

An diesem Montag wird Wolodymyr Selenskyj Donald Trump im Oval Office treffen, um über ein Friedensabkommen zu sprechen. Viele Ukrai­ne­r:in­nen erinnern sich an das skandalöse Treffen im Februar – und befürchten eine Wiederholung. Denn an den Bedingungen hat sich nichts geändert: kein Verzicht auf Territorium, keine Einschränkung der Souveränität. „Ich beneide Präsident Selenskyj nicht. Die Optionen für eine politische Beendigung des Krieges reichen von schlecht bis sehr schlecht. Und selbst für die am wenigsten schlechte muss er hart kämpfen“, sagt Politologe Mykola Beleskow.

Die Ukrai­ne­r:in­nen setzen große Hoffnungen auf die europäischen Staats- und Regierungschefs, die Selenskyj diesmal zu seinem Treffen mit Donald Trump begleiten. In Kiew hofft man, dass Europa dem Druck der USA nicht nachgibt, die Ukraine zur Kapitulation zu drängen, sondern erkennt, dass auch seine eigene Sicherheit auf dem Spiel steht.

  • informationsspiegel

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