Rückzug der Grüne-Jugend-Chefin: Jette Nietzard geht, aber die Probleme bleiben

Ja, Jette Nietzard hat ihre Rolle bei den Grünen falsch eingeschätzt. Aber ihr Provokationskurs war auch das Produkt von Machtlosigkeit.

W enn Jette Nietzard im Herbst von der Spitze der Grünen Jugend abtritt, endet ein Missverständnis. Das zeigt auch das Video, in dem sie am Dienstag ihren Rückzug ankündigte. Der Clip besteht aus allerlei Schuldzuweisungen: an rechte Medien, gegen deren Macht sie nicht ankam. An den eigenen Jugendverband, in dem nicht alle so taff waren wie sie. Und an den Rest der Grünen, weil der ihr nicht solidarisch beisprang, wenn sie der Partei mal wieder ohne Not Ärger eingebrockt hat.

Was dagegen fehlt: Selbstreflexion und das Eingeständnis eigener Fehler. Kein Wort darüber, dass Nietzard falsch eingeschätzt hat, was die Grünen sind, was die Grüne Jugend sein kann und wie das mit ihrem gern gepflegten Stilmittel der Provokation zusammengeht. Natürlich, die Chefin einer Parteijugend muss provozieren. Oft gibt es in dieser Position kein anderes Mittel, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Die Sprecherin der Grünen Jugend hat auch nicht die Aufgabe, um Wäh­le­r*in­nen zu kämpfen, die zuletzt für Friedrich Merz gestimmt haben. Sollte das weiterhin das Ziel der Grünen sein, muss sie andere Leute darauf ansetzen. Die Jugend darf vor den Kopf stoßen.

Sie sollte sich aber überlegen, wen sie vor den Kopf stößt. Die Grüne Jugend ist keine Splittergruppe, der es genügen kann, sich selbst zu gefallen. Sie ist der Nachwuchs einer Partei, die flügelübergreifend Mehrheiten für ihre Politik anstrebt. Unter dieser Prämisse sorgt eine gelungene Provokation dafür, dass hinterher mehr Menschen hinter den eigenen Positionen stehen als vorher.

Das hat einst funktioniert, als der Juso Kevin Kühnert BMW vergesellschaften wollte. Die meisten Deutschen heißen nicht Quandt oder Klatten, seine Forderung war daher anschlussfähig. Weniger gut funktioniert es, wenn sich die Provokation pauschal gegen Männer oder Po­li­zis­t*in­nen richtet. Deutschland besteht nämlich fast zur Hälfte aus Männern, und Po­li­zis­t*in­nen genießen in der Bevölkerung ein erstaunlich großes Vertrauen. Bei den Grünen konnte Nietzards Methode deshalb gar nicht aufgehen.

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Ist für die Partei jetzt also alles gut, da sie aufgibt? So ist es auch wieder nicht. Schon drei von Nietzards vier Vor­gän­ge­r*in­nen fremdelten mit dem Kurs der Partei und traten sogar aus. Dass es jetzt auch mit der nächsten Chefin der Grünen Jugend nicht klappte, ist kein Wunder. Der Nachwuchs darf auf Parteitagen fleißig Anträge stellen und sich manchmal sogar durchsetzen. Auf die Regierungspraxis und den Wahlkampf hatten die Beschlüsse dann aber keinen Einfluss. Dass junge Leute komische Sachen machen, wenn ihre Arbeit nichts bewirkt: Darüber sollten sich die Grünen nicht wundern.

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