
Laut den letzten Videos der Aktivist*innen vor dem Kontaktabbruch soll das Schiff von Schnellbooten der israelischen Marine umgeben und mit einem chemischen Stoff besprüht worden sein, ehe die Militärs an Bord kamen. Das Schiff „Madleen“ war am 1. Juni vonSizilien aus in See gestochen, um Hilfsgüter in den Gazastreifen zu bringen und Aufmerksamkeit auf die katastrophale humanitäre Lage in Gaza zu lenken. Israels Außenministerium schrieb am frühen Morgen auf X, Thunberg sei derzeit sicher und frohgemut auf dem Weg nach Israel, und postete ein Bild der Aktivistin, auf dem ihr ein*e israelische*r Soldat*in ein Brötchen reicht. Später teilte es mit, die „Selfie-Jacht“ fahre gerade in Richtung Israel, die Passagiere würden so schnell wie möglich in ihre Heimatländer zurückgebracht. Die Hilfsgüter an Bord will die Regierung nach Gaza senden, behauptet sie.
Die NGO Freedom Flotilla Coalition, die die Reise mitorganisiert hat, wirft Israel vor, das Schiff unrechtmäßig in internationalen Gewässern abgefangen und seine Besatzung entführt zu haben. „Israel hat keine legale Autorität, um die internationalen Ehrenamtlichen an Bord des Madleen festzunehmen“, so der Verein. Die israelische NGO Adalah schloss sich dem an und schrieb, das Schiff habe sich nicht in israelischen Gewässern befunden und sein Kurs steuerte auf eine Route, die unter palästinensischer Seehoheit steht. Die israelische Regierung ließ eine Presseanfrage diesbezüglich unbeantwortet.
Unterstützer*innen protestieren in Aschdod
Am frühen Montagnachmittag waren die Aktivist*innen noch nicht in der Hafenstadt Aschdod angekommen. Das teilte ein Sprecher von Adalah auf Nachfrage der taz mit. Dort hatte sich laut Medienberichten bereits ein kleiner Protest von Unterstützer*innen gebildet. Ein Sprecher des Premierministerbüros umging die Frage, ob Thunberg und ihre Mitstreiter*innen nun in Abschiebehaft genommen werden.
Israels Verteidigungsminister Israel Katz hat angekündigt, dass die Aktivist*innen bei ihrer Ankunft in Israel gezwungen sein werden, ein Video des Massakers durch die Hamas am 7. Oktober zu schauen. Die „antisemitische Greta und ihre Hamas-Mitunterstützer*innen“ sollten sehen, wer die Hamas ist, „die sie unterstützen“, schrieb er auf X.
Online hatte die Aktion vor allem kritische Kommentare unter israelischen Nutzer*innen hervorgerufen. So schrieb eine Nutzerin unter einem entsprechenden Artikel: „Diese Flotilla hat kein Recht, da hin zu fahren, nur um Probleme zu verursachen. Es gibt eine organisierte Essensausgabe für die Menschen in Gaza – es sei denn, die Hamas klaut es von seinem eigenen Volk.“ Ein junger Mann, der anonym bleiben möchte, sagte der taz: „Ich glaube, dass es mehr PR war, als eine echte, strategische Aktion von humanitärer Hilfe.“
Der „hungrigste Ort der Welt“
Im Gazastreifen herrscht nach UN-Angaben das hohe Risiko einer Hungersnot. „Gaza ist der hungrigste Ort der Welt“, sagte kürzlich der Sprecher des Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten Jens Laerke. Die Vereinten Nationen werfen Israel vor, humanitäre Hilfe nach Gaza zu behindern. Israel hat die Anschuldigungen bestritten und nach zweieinhalb Monaten Hilfsblockade ein neues Verteilungssystem mit einer umstrittenen Privatorganisation ins Leben gerufen. Bei der Essensausgabe kam es in den vergangenen Tagen mehrfach zu Schüssen, Verletzten und Toten.







