Verbotene Kundgebung in Berlin: Polizei kesselt Palästina-Demo ein

Berlin taz | Flutlicht, ein stundenlanger Polizeikessel und zahlreiche Festnahmen: Die Berliner Polizei hat am Dienstagabend eine propalästinensische Demonstration nahe dem Alexanderplatz in Berlin-Mitte aufgelöst. Die Versammlung war zuvor verboten worden, weil die Organisatoren das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 verharmlost hatten.

Vor dem Roten Rathaus spielten sich zum Teil unübersichtliche Szenen ab. Die Polizei wirkte überrascht, als sich hunderte Ak­ti­vis­t*in­nen gegen 18:30 Uhr am Neptunbrunnen versammelten – und nicht an der wenige hundert Meter entfernten Weltzeituhr, wo die Kundgebung ursprünglich angekündigt gewesen war.

Mehrfach umringten Po­li­zis­t*in­nen Gruppen von Demonstrant*innen, doch zunächst blieb die Lage im zunehmend dunklen Park hektisch. Erst mit Unterstützung von hunderten zusätzlichen Be­am­t*in­nen drängten sie die Menge nach und nach auf den Platz vor den Rathaus-Passagen.

Die De­mons­tran­t*in­nen riefen Parolen wie „From the Sea to the River, Palestine will live forever“, „There is only one solution, Intifada Revolution“ und „Stop the bombing now“. Außerhalb der Polizeiketten waren wiederholt Detonationen von Böllern zu hören.

Wasserwerfer und Polizeikessel

Per Lautsprecher forderte die Polizei die Menschen auf, den Ort zu verlassen. Zwischenzeitlich war dies allerdings nicht möglich: Auch in die vorgegebene Richtung versperrten Polizeiketten den Weg, dabei wurden auch Jour­na­lis­t*in­nen festgehalten.

Ein Wasserwerfer wurde in Stellung gebracht, allerdings nicht eingesetzt. Die Polizei erklärte via Durchsage, alle Menschen im Kessel seien in Gewahrsam genommen worden und würden erkennungsdienstlich behandelt. Nach Schätzung der taz dürfte es sich zu dem Zeitpunkt um bis zu 300 Personen gehandelt haben.

Auch am späten Abend befanden sich noch Dutzende Menschen im Polizeikessel



Foto: Hanno Fleckenstein


Immer wieder gab es Festnahmen; Ak­ti­vis­t*in­nen wurden teils unter Anwendung von Schmerzgriffen aus dem Kessel geführt. Einzelne Personen lagen zwischenzeitlich am Boden und waren auf Erste Hilfe angewiesen.

Auch am späten Abend waren noch zahlreiche De­mons­tran­t*in­nen und ein Großaufgebot der Polizei vor Ort. In der Dircksenstraße am Bahnhof Alexanderplatz hatte die Polizei eine Bearbeitungsstraße zur Identifikation der Festgenommenen eingerichtet sowie Gefangenentransporter postiert.

Demo-Verbot wegen Jubel über 7. Oktober

Die Versammlungsbehörde hatte die Demonstration mit dem Titel „Stoppt den Völkermord“ am Dienstagnachmittag verboten. Im Ankündigungstext wurde das Hamas-Massaker vom 7. Oktober als „heldenhafter Ausbruch“ und „Leuchtfeuer der revolutionären Hoffnung“ bezeichnet. Flyer zeigten zudem unter anderem Paraglider, mit denen die Attentäter nach Israel eingedrungen waren.

Bereits der Aufruf in den sozialen Medien habe zur „Einleitung eines Strafverfahrens geführt“, erklärte die Behörde. Daher müsse von einem „unfriedlichen Verlauf ausgegangen werden“. Auch alle Ersatzveranstaltungen wurden verboten.

Zuvor hatte die Polizei am Dienstagmorgen eine Straßenblockade von Palästina-Aktivist*innen in Berlin-Friedrichshain aufgelöst. Auch dort gab es mehrere Festnahmen, Menschen wurden in Gewahrsam genommen.

Insgesamt war die Polizei laut eigenen Angaben zum Jahrestag des 7. Oktober berlinweit mit 1.500 Be­am­t*in­nen im Einsatz. Andere Gedenkveranstaltungen an den Angriff verliefen demnach ohne Zwischenfälle.

  • informationsspiegel

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