SPD Wahlprogramm 2025: Wirtschaft, Rente und ein bisschen Klassenkampf

Berlin taz | Nach der Union hat auch die SPD ihr Wahlprogramm in Umlauf gebracht. In dem 64-seitigen Entwurf finden sich viele der bereits bekannten sozialdemokratischen Positionen: Kampf um Wirtschaft und Arbeitsplätze, ein höherer Mindestlohn, stabile Renten, eine Reform der Schuldenbremse und eine vorsichtige Umverteilung von oben nach unten über die Besteuerung großer Vermögen. Keine ganz großen Überraschungen also oder positiv formuliert: Die SPD bleibt stringent und sich treu.

Die drei Hauptzielgruppen der Sozialdemokraten im Wahlkampf sind Arbeitnehmer:innen, Familien und Rentner:innen. Ersteren verspricht die SPD einen Mindestlohn von 15 Euro ab 2026. Zudem will man um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Für Familien verspricht die Partei eine Stärkung von Bildung in Kita und Schule, aber auch eine Ausweitung der Elternzeit. Und Ren­tern:­in­nen will sie das bereits in der Ampel verhandelte Rentenpaket bieten, mit einer Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent. An der Rente nach 45 Beitragsjahren will man festhalten.

Knackpunkt und Voraussetzung für all die Wohltaten ist aber, die Wirtschaft zum Laufen zu bringen, die das zweite Jahr in Folge stagniert. Als entscheidenden Schlüssel für neues Wirtschaftswachstum hat die SPD in ihrem Programmentwurf Investitionen in Wirtschaft, Bildung und Infrastruktur identifiziert.

So sollen Unternehmen, die in Deutschland investieren, zehn Prozent der Summe als Steuergutschriften erhalten. Um die vergleichsweise hohen Energiepreise zu senken, verspricht die SPD eine Halbierung der Netzentgelte und eine Deckelung auf 3 Cent pro Kilowattstunde.

100-Milliarden-Euro-Deutschlandfonds

Wer ein in Deutschland produziertes neues oder gebrauchtes E-Auto kauft, soll einen Zuschuss erhalten. Damit will man den heimischen Absatz der seit einigen Jahren sinkt wieder ankurbeln und die schwächelnde Autoindustrie, deren Verkäufe im Ausland einbrechen, stützen.

Das nötige Geld soll zum einen ein 100-Milliarden-schwerer Deutschlandfonds bereitstellen, der öffentliches und privates Kapital einsammelt. Der Deutschlandfonds könnte aber schnell überbucht sein, er soll nämlich auch noch dazu dienen, um „Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften mit dem nötigen Eigenkapital zu versorgen.“

Mehr Neubau und eine unbefristet geltende Mietpreisbremse sollen alo Druck aus dem Wohnungsmarkt nehmen und das Problem der rasant steigenden Mieten vor allem in Großstädten lösen. Bisher ist dieser Plan nicht aufgegangen, etwas kühn daher das ebenfalls im Programm formulierte Ziel der SPD, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden.

Schuldenbremse reformieren

Eine Privatisierung von Infrastruktur wird ausgeschlossen, stattdessen will die SPD als weitere Geldquelle die grundgesetzliche Schuldenbremse so reformieren, „dass sie keine Investitionen in Zukunftsfähigkeit behindert.“ Ziel ist es laut Programm „produktive Ausgaben und Vollbeschäftigung möglich zu machen“. Zudem sollen auch die Länder, die bislang gar keine neuen Schulden machen dürfen, künftig die Möglichkeit haben, solche aufzunehmen.

Das ist wohl ein Wink an die unionsgeführten Länder, die sich für eine Reform der Schuldenbremse aussprechen. In ihrem Wahlprogramm hält die Union im Bund an dieser jedoch erst mal fest.

Ob die Sozialdemokraten auch Ausgaben für Bildung künftig über Kredite finanzieren wollen, bleibt offen. Jedenfalls wollen sie das Startchancenprogramm für benachteiligte Schulen ausbauen und eines für Kitas in sozialen Brennpunkten einführen. Das dürfte einige Milliarden Euro kosten.

Genauso wie die geplanten Geschenke für Familien, die im Programmentwurf ebenfalls nicht mit einem Preisschild versehen sind. So will man die Elternzeit auf bis zu 18 Monate ausweiten und eine Familienstartzeit einführen. Dazu heißt es: „Väter oder Partnerinnen und Partner sollen sich für die ersten zwei Wochen nach der Geburt eines Kindes bei voller, umlagefinanzierter Lohnfortzahlung freistellen lassen können.“ Außerdem will die SPD, dass alle Kinder in Kita und Schule kostenfrei Mittag essen können.

Umverteilung über Steuern

Zudem wiederholt die SPD im Programm ihre Forderung nach einer Steuerentlastung für 95 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen. Bezahlen sollen das die oberen ein Prozent, die „etwas mehr“ beitragen sollen. Den Soli, den derzeit nur noch Spit­zen­ver­die­ne­r:in­nen und Unternehmen zahlen müssen, will die SPD beibehalten, er habe sich bewährt. Die Union sieht das anders.

Der Punkte dürfte in möglichen Koalitionsverhandlungen mit der Union also für Konflikte sorgen, genauso wie die Pläne der Sozialdemokraten, die staatlichen Einnahmen über Steuererhöhungen zu verbessern. Mit den Grünen wären sie sich dagegen weitgehend einig.

So ruft die SPD im Wahlprogrammwurf nach einer Reform der Erbschaftssteuer und einer Wiedereinsetzung der Vermögenssteuer für große Vermögen von über 100 Millionen Euro. Und möchte zudem Kapitaleinkommen künftig wie Einkommen besteuern, indem sie die Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf Zinsen, Dividenden und Kursgewinne wieder kassiert. Ausgedacht hat sie sich übrigens mal der Sozialdemokrat Hans Eichel.

Migration: konsequent abschieben

In der Migrationspolitik bleibt die SPD bei ihrer härteren Gangart, bekennt sich zu konsequenten Rückführungen und einem stärkeren Schutz der EU-Außengrenzen. Eine Externalisierung von Asylverfahren, wie sie die Union will, lehnt man ab. Des Weiteren will sie den Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige weiterhin ermöglichen.

Der Verteidigungspolitik widmet die SPD in ihrem Programmentwurf ein eigenes Kapitel: „Unsere internationale Verantwortung in der Zeitenwende.“ Darin bekennt sie sich zum 2-Prozent-Ziel und zur Nato. Außerdem plant sie die Einführung eines neuen, flexiblen Wehrdienstes, der aber auf Freiwilligkeit basieren soll.

Die Ukraine will man auf allen Kanälen – diplomatisch, militärisch, finanziell und humanitär (in dieser Reihenfolge) – weiter unterstützen, und zwar „so lange wie nötig.“ Doch den Marschflugkörper Taurus will man nicht liefern – man stehe zur Entscheidung von Olaf Scholz. Alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen.

Das Programm soll am Dienstag vom Vorstand beschlossen werden. Die Delegierten der Basis werden es auf dem Parteitag im Januar debattieren und verabschieden.

  • informationsspiegel

    Related Posts

    Bundestagswahl am 23. Februar: An der Wählerschaft vorbei
    • December 22, 2024

    SPD und CDU haben ihre Listen für die Bundestagswahl im Februar aufgestellt – und dabei wenig nachvollziehbare Personalentscheidungen getroffen. mehr…

    Weiterlesen
    Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt: Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
    • December 22, 2024

    Die Zahl der Todesopfer in Magdeburg steigt auf mindestens fünf. Innenministerin Faeser kündigt Aufklärung an. Es gibt Hinweise auf ein rechtes Tatmotiv. mehr…

    Weiterlesen

    Nicht verpassen

    Bundestagswahl am 23. Februar: An der Wählerschaft vorbei

    • 4 views
    Bundestagswahl am 23. Februar: An der Wählerschaft vorbei

    Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt: Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin

    • 4 views
    Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt: Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin

    Anschlag in Magdeburg: „Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“

    • 3 views
    Anschlag in Magdeburg: „Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“

    Werkschau der provokativen Miriam Cahn: Der Kaiserring an ihrer Hand aus Knete

    • 4 views
    Werkschau der provokativen Miriam Cahn: Der Kaiserring an ihrer Hand aus Knete

    Reaction Videos auf Reality TV: Betreutes Gucken

    • 3 views
    Reaction Videos auf Reality TV: Betreutes Gucken

    In Heide auf dem Marktplatz: Ganz viel Weite in der Stadt

    • 3 views
    In Heide auf dem Marktplatz: Ganz viel Weite in der Stadt