Spätfolgen des Vietnamkriegs: USA lassen Vietnamesen wieder im Stich

Berlin taz | Der Stopp der US-Entwicklungshilfe durch die Trump-Regierung verschärft in Vietnam ein Umweltproblem. Das zeigen Recherchen des US-Netzwerkes für investigativen Journalismus ProPublica und des kanadischen Onlineportals Asia Times. Es geht um die Reinigung von mit dem dioxinhaltigen Agent Orange verseuchten Böden, dem vom US-Militär im Vietnamkrieg versprühten Gift.

Die Entlaubung des Regenwaldes mittels Agent Orange sollte den militärischen Gegnern die Deckung nehmen. Das Gift führte nicht nur zeitnah zu zahlreichen Todesfällen unter Vietnamesen und Amerikanern. Es ist auch erbgutschädigend, sodass noch heute in Vietnam Babys mit schwersten Behinderungen zur Welt kommen.

Washington weigerte sich stets, die bis zu drei Millionen vietnamesischen Agent-Orange-Opfer zu entschädigen, finanzierte aber ab 2017 die Bodensanierung der früheren US-Luftwaffenbasis Bien Hoa, 30 Kilometer nordöstlich von Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon). Auf der Basis wurden im Krieg Fässer mit der hochgiftigen Substanz gelagert und umgeladen. Dabei gelangten große Mengen Dioxin in Boden und Grundwasser. Das gemeinsam von amerikanischen und vietnamesischen Firmen betriebene Projekt sollte 40.000 Muldenkipper kontaminierten Boden abtragen.

Doch US-Außenminister Marco Rubio ließ dieses Projekt im Februar wie viele andere US-Entwicklungshilfeprojekte einstellen und stoppte die Zahlungen, darunter eine Million Dollar für bereits geleistete Arbeiten an die Firmen. „Durch den Stopp blieben Gruben offen, die mit Dioxin verseucht waren“, schreibt die Asia Times. „Wochenlang war der kontaminierte Boden nur mit Planen bedeckt, die irgendwann vom Wind weggeweht wurden.“

US-Diplomaten warnten Washington vergeblich

Laut ProPublica warnten US-Diplomaten in Vietnam ihre Regierung, Vietnam stehe kurz vor der Regenzeit, in der häufig sintflutartige Regenfälle auftreten. Dadurch könne mit Dioxin kontaminierter Boden in umliegenden Gemeinden das Leben unmöglich machen. Und keine 450 Meter entfernt fließe ein großer Fluss in Richtung Ho-Chi-Minh-Stadt, wo neun Millionen Menschen leben. „Wir steuern schnell auf eine ökologische und lebensbedrohliche Katastrophe zu“, so die Beamten.

Aus Washington folgte ein Hin und Her widersprüchlicher Weisungen, die teilweise kurz darauf wieder zurückgenommen wurden, sowie Beschwichtigungen seitens der Regierung. Das Recherchenetzwerk ProPublica schickte darauf einen Reporter vor Ort.

Ihm zufolge ist die Baustelle nur noch mit weniger als der Hälfte der vorigen Mannschaft besetzt. Viele Mitarbeiter hatten sich inzwischen neue Jobs gesucht. Die beteiligten Unternehmen würden die Gifte jetzt teilweise auf eigene Kosten entsorgen, den US-Spezialisten sei die Kommunikationen mit ihnen zeitweise untersagt gewesen. Arbeiter sagten dem Reporter, sie seien besorgt, ob die Arbeiten vor der Regenzeit fertig seien.

„Ein solches Projekt mittendrin zu stoppen ist ein Umweltverbrechen“, sagte der Jan Haemers, Geschäftsführer einer der beauftragten Unternehmen. „Wenn man mittendrin aufhört, ist es schlimmer, als wenn man nie angefangen hätte.“ Das US-Außenministerium erklärte ProPublica, Verträge für Bien Hoa seien „aktiv und gültig“, beantwortete jedoch keine Nachfragen. Auch Vietnams Behörden ließen Fragen unbeantwortet.

  • informationsspiegel

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