Deutscher Außenminister in Israel: Viel Kontinuität und etwas sanfte Kritik

Jerusalem taz | Mit Fragen wollte der neue deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) zu seinem Antrittsbesuch in Israel reisen. Etwa nach dem „strategischen Ziel der seit März wieder intensivierten Kampfhandlungen“ vor dem Hintergrund der von Israel angekündigten militärischen Besetzung des Gazastreifens. Oder zum Verhältnis der Sicherheit Israels als deutscher Staatsräson und der internationalen Rechtsordnung, der Deutschland „besonders verpflichtet“ sei.

Angesichts der seit mehr als zwei Monaten dauernden vollständigen Blockade von Hilfslieferungen mehren sich international die Vorwürfe eines Kriegsverbrechens. Antworten aber blieb ihm sein ­israelischer Amtskollege Gideon Saar auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Sonntag in Jerusalem weitgehend schuldig.

Für die Fortsetzung des Kriegs in Gaza sei ausschließlich die Hamas verantwortlich, die noch immer 59 israelische Geiseln festhalte, erklärte Saar. Ein Ende der Angriffe ohne die Zerstörung der Hamas sei für Israel nicht hinnehmbar. Wie nach 19 Monaten Krieg in Gaza die angekündigte Ausweitung der is­rae­lischen Militäroffensive dieses Ziel erreichen soll, ließ der Minister unbeantwortet.

Wadephul nutzte das Treffen für vorsichtige Kritik: Er habe Zweifel am militärischen Vorgehen Israels im Gazastreifen: „Ich bin nicht sicher, ob damit alle strategischen Ziele erreicht werden können und ob das langfristig der Sicherheit Israels dient“, sagte der Minister. Seine Regierung plädiere für einen Waffenstillstand. Er habe aber großes Verständnis für Israels Blockade, die eine Instrumentalisierung von Hilfslieferungen durch die Hamas verhindern solle.

Nahost-Konflikt

Nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 startete das israelische Militär eine Offensive in Gaza, 2024 folgte der Vorstoß gegen die Hisbollah im Libanon. Der Konflikt um die Region Palästina begann Anfang des 20. Jahrhunderts.

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Weiterhin militärische Unterstützung

„Wir werden Israel weiter tatkräftig unterstützen“, sagte Wadephul. Das gehe vor allem militärisch, auch wenn es letztlich eine politische Lösung brauche. Saar nannte die neue Bundesregierung im Gegenzug einen „echten Freund Israels“ und erklärte, sein Amtskollege habe ihn zu einem Besuch in Berlin Anfang Juni eingeladen.

Auch bei weiteren Themen sprach Wadephul die Leitlinien seiner Regierung für eine Befriedung der Region an, die weitgehend für Kontinuität sprechen: Für eine politische Lösung sei die Palästinensische Autonomiebehörde „kein einfacher, aber der einzige Partner“. Auch im Westjordanland bräuchten die Menschen Perspektiven: ein Hinweis auf die zunehmende Gewalt in dem von Israel besetzten Gebiet, wo Operationen der Armee Zehntausende Menschen vertrieben haben und die Gewalt durch radikale Siedler stetig eskaliert.

Auch mit Blick auf Syrien äußerte Wadephul sachte ­Kritik: In dem Nachbarland gebe es eine „Chance auf Frieden“. Es sei wichtig, dass Syrien seinen Prozess selbst gestalten könne. Die is­rae­lische Armee hält seit Monaten breite Landstriche auf syrischer Seite besetzt und fliegt regelmäßig Luftangriffe auf Ziele in Syrien. Er begrüßte einen amerikanisch-israelischen Plan für humanitäre Hilfe durch eine private, von den USA gestützte Hilfsorganisation. US-Botschafter Mike Huckabee hatte den Vorschlag am Freitag vorgestellt.

Besuch von Geiselangehörigen als erster Termin

Er soll trotz der katastrophalen Versorgungslage in Gaza zunächst lediglich 60 Prozent der rund zwei Mil­lio­nen Menschen in Gaza zugutekommen. Die Vereinten Na­tio­nen und Hilfsorganisationen lehnen den Plan ab: Er befördere die Vertreibung der Bevölkerung und entspreche nicht den Grundsätzen der humanitären Hilfe. Wadephul unterstrich die Verpflichtung, dass diese unabhängig und neutral sein müsse.

Ungewöhnlich deutlich widersprach er der wachsenden Kritik, Israel breche durch das Aushungern des Gazastreifens humanitäres Völkerrecht: „Indem die israelische Seite diesen Schritt jetzt geht, ist klar, dass man Israel völkerrechtswidriges Verhalten nicht vorwerfen kann.“ Jüngst hatten die Niederlande eine Prüfung gefordert, ob Israel noch an den menschenrechtlichen Grundprinzipien des Assoziierungsabkommens mit der EU festhalte.

Als Botschaft an die Regierung in Jerusalem mag auch zu verstehen gewesen sein, dass Wadephuls erster Termin in Israel am Samstag keinem Regierungsvertreter, sondern den Angehörigen der noch in Gaza gefangenen Geiseln galt. „Es ist die oberste Priorität für mich und meine Regierung, uns um ihre Liebsten zu kümmern“, hatte der Minister dort gesagt. Isreals Regierungschef Benjamin Netanjahu räumte letzthin mehrfach der Zerschlagung der Hamas als Kriegsziel Prio­rität ein.

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