Negative Preise durch Solaranlagen: Strom im Mai häufig wertlos

Berlin taz | Nie zuvor gab es so viele Stunden, in denen der Strom an der Börse wertlos war: Im Mai kam bis Mittwoch bereits eine Rekordzahl von 112 Stunden mit negativen Strompreisen zusammen. Darauf wies der Stromanbieter 1Komma5Grad hin.

Vier weitere Stunden signalisierte der Markt bereits für Donnerstag. „Negative Strompreise an der Börse entstehen immer dann, wenn das Angebot an Strom die Nachfrage übersteigt“, erklärte Firmenmitbegründer Jannik Schall. Bisher lag der Monatsrekord bei 81 Stunden im Juli 2024.

Dass inzwischen auch ein Stromversorger die negativen Strompreise hervorhebt, hat einen einfachen Grund: 1Komma5Grad ist einer der Anbieter mit dynamischen Strompreisen. Solche Unternehmen reichen die Börsenpreise – natürlich zuzüglich der Netzentgelte, Steuern und Abgaben – eins zu eins an die Stromkunden weiter.

Mit einem „intelligenten Energiemanagementsystem“, erklärt 1Komma5Grad, könne man dann „den Stromverbrauch automatisiert und gezielt auf Zeiten mit negativen oder günstigen Börsenstrompreisen“ verlagern. Das lohne sich „insbesondere für Haushalte mit hohem Verbrauch, etwa durch ein E-Auto oder eine Wärmepumpe“.

Für die negativen Strompreise bezahlt der Staat

Die Kehrseite der negativen Strompreise: Irgendjemand muss dafür bezahlen – und das ist der Staat. Denn über das Erneuerbare-Energien-Gesetz steht der Bundeshaushalt für die Differenz zwischen dem Marktwert des Stroms und den jeweils bezahlten Einspeisevergütungen gerade.

Aufgrund des massiven Zubaus an Photovoltaik verfällt speziell der Marktwert des Solarstroms derzeit rapide, was den Zuschussbedarf in die Höhe treibt. Schon im April war die Kilowattstunde Solarstrom nur noch rund 3 Cent wert, weil die Energie vor allem dann anfiel, wenn sie niemand mehr benötigte.

In der Branche spricht man von der „Kannibalisierung der Erneuerbaren“, weil die Anlagen sich angesichts fehlender Speicher zunehmend gegenseitig unrentabel machen.

Ein Ausweg könnte der Eigenverbrauch des anfallenden Photovoltaik-Stroms durch den Anlagenbetreiber sein. Doch auch Eigenverbrauch und dynamische Strompreise kannibalisieren sich wiederum: Wer eine eigene Photovoltaikanlage auf dem Dach hat, wird mit einem dynamischen Stromtarif zumeist nicht glücklich, weil er in den Zeiten, in denen er günstigen Strom aus dem Netz beziehen könnte, bereits genug Strom vom eigenen Dach hat.

Womit immer deutlicher wird, wie längst schlichte Marktmechanismen die Energiewende einholen.

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