Elektronische Patientenakte: Das digitale Gesundheits­archiv startet

Berlin taz | Jetzt geht es richtig los mit der elektronischen Patientenakte (ePA). Ärz­t:in­nen und Kliniken sind ab dem 1. Oktober verpflichtet, auf diesem Weg neue medizinische Informationen über ihre Pa­ti­en­t:in­nen auch anderen Praxen zur Verfügung zu stellen – damit zum Beispiel das Verschicken von Befunden per Mail oder Brief wegfällt. Wie funktioniert das alles?

Die meisten gesetzlich versicherten Pa­ti­en­t:in­nen haben bei ihrer Versicherung mittlerweile ein kleines digitales Archiv, in dem künftig die wichtigsten Medizin-Informationen über sie liegen. Damit können unterschiedliche Ärz­t:in­nen dieselben Befunde sehen. Die Pa­ti­en­t:in­nen finden die Infos auf ihren Smartphones – wenn sie es wollen. Man kann aber widersprechen – dann wird die ePA wieder gelöscht. Private Krankenversicherungen müssen die Patientenakte nicht automatisch allen Mitgliedern anbieten, manche tun das mittlerweile aber.

Wird das klappen?

Wer in den vergangenen Wochen in Praxen nach dem Funktionieren der Akte fragte, schaute mitunter in ratlose Gesichter. Da liegt die Vermutung nahe, dass es in den kommenden Monaten hier und da ruckelt. Manche Ärz­t:in­nen haben noch keine Computerprogramme, die mit der ePA harmonieren – verpflichtend ist das laut Bundesärztekammer erst ab Anfang 2026. Ebenso können viele Krankenhäuser „die ePA zum Starttermin voraussichtlich noch nicht einsetzen“, schreibt die Ärztekammer.

Was kommt in die Akte?

Medizinisch wichtige Informationen, nicht jeder Kleinkram. Die Diagnose der Hausärztin, man habe sich eine Erkältung eingefangen, braucht nicht hochgeladen zu werden. Vorläufig kann das System nur Dateien im PDF-Format verarbeiten, also in der Regel Schriftstücke. Bei „hochauflösenden CT- und MRT-Bildern beziehungsweise Röntgen-CDs“ funktioniert das „aufgrund der Dateigröße und des Formats derzeit nicht“, erklärt die Gematik, die mehrheitlich bundeseigene Gesellschaft für die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung. Diese Funktion soll später hinzukommen.

Wie werden die Infos geteilt?

Im Idealfall lädt jede Praxis und Klinik die neuen Befunde in die jeweilige individuelle ePA hoch. Steckt dann beispielsweise eine Patientin ihre Gesundheitskarte in das Lesegerät der Hausarztpraxis, „erhält diese für 90 Tage Zugriff auf die komplette Akte“, schreibt die AOK-Versicherung. Alle Ärz­t:in­nen sehen alles, lautet das Prinzip. Allerdings können die Versicherten einzelne Informationen auch sperren.

Was passiert mit alten Befunden?

Die Untersuchungsberichte der vergangenen Jahre brauchen die Ärz­t:in­nen nicht in die Akte zu schicken. Man kann sie allerdings bitten, es zu tun. Die zweite Variante besteht darin, sich wichtige ältere Befunde aushändigen zu lassen, sie selbst zu scannen und dann als PDF in die eigene Akte zu laden. Der dritte Weg: Die Krankenversicherungen sind verpflichtet, auf Wunsch der Versicherten alte Dokumente in die ePA einzuordnen. Dazu muss man mit ihnen in Kontakt treten.

Wie funktioniert der eigene Zugriff auf die ePA?

Um die ePA privat zu nutzen, muss man eine App herunterladen – in der Regel auf das Smartphone. Die Versicherungen bieten unterschiedliche Verfahren an, die teils gewisse Computerkenntnisse erfordern. Dabei stellt die persönliche Identifizierung die entscheidende Hürde dar. Diese ist wichtig, weil in der Akte sensible Informationen über die eigene Gesundheit lagern. Ein Weg der Identifizierung führt über den elektronischen Personalausweis und die Ausweis-App des Bundes. Bei einer zweiten Variante reichen die mit dem Personalausweis zusammenhängende PIN und Gesundheitskarte. Schließlich gibt es das alte Post-Ident-Verfahren, bei dem man mit Personalausweis zu einer Postfiliale geht.

Welche Reaktionen gibt es zur ePA?

83 Prozent der befragten gesetzlich Versicherten begrüßten, dass die Patientenakten gefüllt würden, teilte die AOK auf Basis einer Umfrage mit, 14 Prozent lehnten es ab. Die Mehrheit fühlte sich aber schlecht über das neue Instrument informiert. Manuel Hofmann von der Deutschen Aidshilfe kritisierte am Dienstag die komplizierte Anwendung: „Wer einzelne Diagnosen verbergen will, muss sehr gut Bescheid wissen“ und bei jedem Arztbesuch aufs Neue Dokumente in der App einzeln ausblenden. „Das ist für viele schlicht zu kompliziert und fehleranfällig.“

  • informationsspiegel

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