Schlechte Jobs: Wehrt euch!

M ir fehlte letzten Monat einiges an Geld auf meinem Konto. Das Bafög ist weggefallen, also brauchte ich zwei Jobs, um mich über Wasser zu halten. Ich suche verzweifelt nach dem Lohn des letzten Monats und rechne und rechne, weil mir die Zahlen seltsam vorkommen, als würde da irgendwas nicht stimmen.

Ich rechne wild herum: meine Arbeitszeit, 13 Euro Stundenlohn. Es passt nicht. Ich rechne anders: meine Arbeitszeit minus Pausen, die ich eigentlich hätte machen sollen, aber nicht gemacht habe, weil zu viel los war. Es passt nicht. Ich rechne anders: meine Arbeitszeit minus Pausen, die ich eigentlich hätte machen sollen, aber nicht gemacht habe, und ohne den Probearbeitstag, bei dem mir aber der Lohn zusteht, aber der Betrag auf meinem Konto macht keinen Sinn. Es fehlen fünfzig Euro.

Dieses Jahr war ich in vielen verschiedenen Jobs tätig: Ich war studentische Hilfskraft, hab auf einem Ostermarkt zwölf Stunden lang Würstchen gedreht und im Sommer bei einem Kanuverleih ausgeholfen. Von daher kenne ich es, wenn ich ab und an mal ’ne Stunde unbezahlt arbeite oder in einer langen Schicht keine Pause mache oder dass ich Schichten erst am selben Tag erfahre. Ich habe vieles davon hingenommen, ab und zu mal so etwas gesagt wie „Vier Tage vor Schichtbeginn muss ich meine Arbeitszeit wissen“. Aber dass mir die fünfzig Euro fehlten, hat in mir irgendwas gesprengt.

In keinem Verhältnis

Ich hab dann versucht, mich mit ein paar Kollegen über die Lohnsache auszutauschen. Aber: Man rede nicht über Geld, andere Generation. Brutal, denke ich, man hat ja nicht mehr oder weniger Geld, wenn man sich nicht über den Ist-Zustand austauscht. Aber mir wird schnell klar, die Solidarität gilt auch hier wem anders. Ein Kollege sagt in einem Nebensatz, dass er auch mal abends eine Tür repariert habe, einfach so und unbezahlt.

Und dann kam diesen Monat Merz noch mit seiner Grundsicherungsscheiße. Bürgerliche Medien kriegen es nicht hin, von Bür­ger­geld­emp­fän­ge­r:in­nen als Menschen zu sprechen, und wer noch ein bisschen Empathie übrig hat, bringt sie nur den Menschen gegenüber auf, die wirklich einen ganz triftigen Grund haben, nicht zu arbeiten, also zum Beispiel schwerkrank sind oder Depressionen haben. Ehrlich gesagt sollte es uns total egal sein, ob ein Mensch nicht arbeitet, weil er nicht kann oder nicht will, die Brutalität der Totalsanktionen steht in keinem Verhältnis.

Nicht arbeiten gehen zu wollen ist eine valide – und vielleicht sogar eine wichtige Entscheidung. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Totalsanktionen auch dazu da sind, um die Menschen in Scheiß-Jobs festzuhalten. Wir sollen unsere Zustände akzeptieren, um ja nicht zu enden wie „die“.

Existenzielle Angst

Ich weiß, dass da eine existenzielle Angst hinter liegt, Jobs zu verlieren, wenn wir für uns, unseren Lohn oder unsere Werte einstehen. So wie der Gewerkschaftler Christopher, der sich in seiner Arbeit beim DHL-Hub gegen die Lieferung von Militärgütern nach Israel ausgesprochen hat und dem danach sein Job gekündigt wurde. Aber eine ganze Bewegung steht hinter ihm, sammelt Unterschriften, versucht, gegen diese unrechtmäßige Kündigung zu arbeiten.

Die Geschichte mit dem Fuffi endete so: Ich, die (dem Arbeitgeber zum Verhängnis) sich leider ein bisschen mit Arbeitsrecht auskennt (und dann auch noch in einer Gewerkschaft ist, übrigens: macht das mal, es hilft euch, auch, wenn es nur um fünfzig Euro geht), habe dann einfach mal nach einer Lohnbescheinigung gefragt. Kein wilder Klassenkampf, sondern das bare Minimum, was das Arbeitsrecht so zu bieten hat. Das fehlende Geld ist dann nämlich endlich auf meinem Konto angekommen.

  • informationsspiegel

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