Dokufilm über Robert Habeck: Die Suche nach dem Scheitern im eigenen Dunstkreis

Angespannt sitzen Robert Habeck und Annalena Baerbock am Wahlabend 2025 nebeneinander und warten auf die ersten Ergebnisse. Ein kurzer, unsicherer Armgriff um Baerbock, wenig später ein fassungsloser Schlag auf die Stuhllehne. Diese Filmszene markiert für Regisseur Lars Jessen den Beginn einer „Zäsur für die Geschichte des Landes.“

Jessens Film „Jetzt. Wohin.“ ist ein ungewöhnliches Porträt über den grünen Kanzlerkandidaten und Ex-Wirtschaftsminister Robert Habeck, der nach dem schlechten Wahlergebnis der Grünen seinen Abschied aus der Politik verkündete. Denn Regisseur Jessen war nicht nur Habecks Wahlkampfberater, sondern ist zugleich auch Freund. Die beiden lernten sich 2019 bei einem Handballspiel kennen. Diese Nähe macht Jessen am Filmanfang transparent.

„Ich bin nicht damit angetreten, ein objektives Bild zu zeichnen“, erklärt er. Der Film sei auch „eine Art von Selbstporträt.“ Neben prominenten Stimmen, wie Klimaaktivistin Luisa Neubauer oder Politökonomin Maja Göpel, kommt auch Jessens Freund zu Wort – und Jessen selbst. Einmal wird er direkt vom liberalen CDU-Politiker Daniel Günther, dem Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, gefragt: „Wie fühlt es sich an, wenn man mit seiner Kampagne für Habeck so desaströs gescheitert ist?“ Jessen gesteht, dass es ihn sehr getroffen habe.

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An vielen Stellen werden Habecks Entscheidungen und Handlungen als Minister und im Wahlkampf verteidigt, selten kritisch beleuchtet. Die Perspektive des Freundes prägt den Film

Schuld waren die anderen

Der Film beleuchtet, warum Kampagnen scheitern und sich komplexe Inhalte im Zeitalter digitaler Medien kaum vermitteln lassen. Doch „Jetzt. Wohin.“ ist mehr als eine Nacherzählung des Wahlkampfs. Der Film zeichnet zugleich das Ende der Ampelregierung nach und wirft einen Blick auf Habecks von Kontroversen geprägte Amtszeit: vom Heizungsgesetz bis zur Migrationsdebatte. Nach der Bundestagswahl 2025 spricht Lars Jessen mit Habeck-Sympathisanten aus unterschiedlichen Branchen, um zu ergründen, was schiefgelaufen ist.

An vielen Stellen werden Habecks Entscheidungen und Handlungen als Minister und im Wahlkampf verteidigt, selten aber kritisch beleuchtet. Die Perspektive des Freundes prägt den Film.

So ist Jessen überzeugt, dass Habeck nach konstruktiven Lösungen suchte, um sich aus der Abhängigkeit von Russland zu lösen, während die anderen nur für Panik sorgten und Abstiegsängste nutzten, um Wäh­le­r*in­nen zu gewinnen. Habecks An­hän­ge­r*in­nen bezeichnen ihn durchweg als nahbar, verbindend, als einen, der zuhört. Zuhören gehörte auch zu Habecks Wahlkampfstrategie. Habeck führte sogenannte Küchentischgespräche und ging mit In­flu­en­ce­r*in­nen und Content Crea­to­r*in­nen auf Instagram live. Jessen bezeichnet ihn als Projektionsfläche, Habeck verkörpere die Hoffnung, dass Klimaschutz endlich angepackt wird und Politik wieder ehrlich sein könnte.

Habeck selbst äußert sich im Film selten zu inhaltlich-politischen Fragen. Nach dem Wahlkampf stellt er ernüchternd fest, dass Fakten nicht geholfen hätten. Zum Heizungsgesetz sagt er lediglich, er habe „viel Schuld“ auf sich genommen. Was genau damit gemeint ist, bleibt offen.

Der Film ist politisch nicht neutral und will es auch nicht sein. Er bewegt sich eigenen Dunstkreis. „Jetzt. Wohin.“ zeichnet ein doppeltes Porträt: das eines gescheiterten Bundeskanzlerkandidaten und das eines enttäuschten Sympathisanten. Im Interview erklärt Jessen: „Der Film ist ein wenig stellvertretend für den Personenkreis, die an Habeck und seinen Politikstil geglaubt haben. Das, was man immer so ein bisschen mit Unser-Eins beschreibt.“ Diese Innensicht biete laut Jessen den eigentlichen Mehrwert: „Und diese Nähe, die dann eben möglich war, ist, glaube ich, was den Film von anderen Filmen unterscheidet.“

Wer verstehen möchte, warum Jessen am Ende enttäuscht ist und warum Habeck am Ende fassungslos auf die Stuhllehne schlägt, findet im Film eine persönliche, aber eindeutige Antwort.

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