Die LAP-Coffee-Kette und ihre Feinde: „Die Leute lieben uns“

taz: Herr Hage, Sie sind der CEO von LAP Coffee, einer Kette, die in Berlin in letzter Zeit für Aufsehen gesorgt hat. Es gab Farbattacken auf Ihre Läden, LAP hat international Schlagzeilen gemacht. Ist schlechte Publicity trotzdem Publicity?

Ralph Hage: Wenn jemand meine Barista attackiert, verurteile ich das. Jeder, der das Gesetz bricht, in meinen Läden vandaliert oder meine Mitarbeiter physisch attackiert, sollte im Gefängnis sitzen. Als jemand, der nicht aus Deutschland kommt und hier versucht etwas aufzubauen, bin ich sehr enttäuscht, zu sehen, dass Menschen hier Eigentum beschädigen – aus welchem Grund auch immer.

taz: Die Vandalismusfälle sind bekannt. Aber es gab auch physische Angriffe auf Mitarbeiter:innen?

Hage: Seit Beginn des Sommers gab es inzwischen 50 Fälle von Angriffen und Vandalismus in unseren Läden. Es ist eine physische Attacke, wenn Leute in unsere Läden kommen, herumschnüffeln und Streit suchen. Menschen betreten unsere Filialen und schreien herum, weil sie in einem Fake-Blog Lügen lesen und diese auch noch glauben.

taz: Sie sprechen von der Internetseite der Kampagne „LAPCoffeeScheiße“.

Hage: Diese Flyer hat sich jemand high in seinem Wohnzimmer ausgedacht, nur um sich besser mit seinem eigenen Leben zu fühlen. Seitdem sie kursieren, haben die Angriffe, befeuert von der Aufmerksamkeit der Medien, zugenommen. Da steckt Geld dahinter, die haben Materialien. Die sind organisiert, das ist organisiertes Verbrechen.

taz: Sie versprechen günstigen Kaffee für alle. Können Sie garantieren, dass das auch in Zukunft so bleibt?

Hage: Ich wollte einen Ort anbieten, wo sich Menschen zu Hause fühlen können, wo sie mit ihren Freunden abhängen und gemeinsam Partys feiern können – und wo zumindest die Basisprodukte des Kaffees günstig sind. Um die günstig zu halten, haben wir unsere Abläufe effizienter gestaltet.

taz: Sie selbst haben gesagt, Sie wollen in den nächsten Jahren 100 Filialen eröffnen. Ihr Unternehmenspartner Flexvelop schreibt, LAP verfolge eine Strategie der „aggressiven Expansion“. Ist es Ihr Ziel, mit niedrigen Preisen schnell eine große Marke aufzubauen, profitabel zu verkaufen – und der neue Eigentümer, der mit einer mächtigen Position auf dem Markt startet, erhöht die Preise?

Im Interview: Ralph Hage

Ralph Hage, geboren im Libanon, hat bei RedBull gearbeitet und war Manager bei DeliveryHero, bevor er mit „Yababa“ seinen eigenen Lieferdienst für türkische und arabische Lebensmittel gründete, der 2023 pleite ging. Im gleichen Jahr gründete er LAP Coffee mit dem Start-Up-Unternehmer Tonalli Arreola.

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Hage und sein Pressesprecher klappen ihre Laptops auf, wollen das mit der aggressiven Expansionsstrategie nachprüfen. Noch im Interview nimmt Hage Kontakt zu Flexvelop auf, kurz darauf sind alle Hinweise auf LAP von deren Webseite gelöscht.

Hage: Das ist Unsinn. Man kann den Kaffeemarkt nicht kontrollieren. Dazu bräuchte man ein Monopol; das geht nicht und deshalb kann man auch keine Preise erhöhen. Wenn wir als Marke für die Menschen von nebenan die Preise erhöhen, verlieren wir diesen Markt. Es gibt keine hinterhältige Strategie, den Kaffeemarkt zu übernehmen.

taz: LAP wird von Hochrisikokapitalfirmen wie HV Capital finanziert, die nicht für Investitionen in bodenständige Cafés bekannt sind.

Hage: Dieses Narrativ stimmt einfach nicht. Es hat 14 Monate gedauert, bis wir eine zweite Filiale eröffnen konnten; zwei Jahre, bis wir die ersten Investoren gewonnen haben. Es ist auch keine Schande, gut genug zu sein, um Investorengelder zu bekommen. Was macht es, dass wir von Risikokapitalfirmen finanziert werden? Jedes Café mit mehreren Standorten hat Darlehen aufgenommen oder einen Investor hinter sich.

taz: Na ja, LAP gibt es erst seit 2023 und Sie haben bundesweit 24 Filialen eröffnet. Können Sie die Angst kleiner Cafés ohne Finanzkapital im Rücken gar nicht nachvollziehen?

Hage: Sie sagen es: Es ist Angst. Es ist von Mediennarrativen gefütterte Angst, die nichts mit der Realität zu tun hat. Kein Coffeeshop musste wegen LAP schließen. Entscheidend für den Erfolg eines Cafés ist, wie gut es geführt wird, wie sehr die Kunden es lieben und wie viel Durchgangsverkehr es gibt.

taz: Was die Leute beobachten, ist doch, dass in ihren Kiezen die kleinen Läden verschwinden und große Ketten wie LAP einziehen. Das hat mit Gentrifizierung zu tun.

Hage: Ich biete günstigen Kaffee an, das ist das Gegenteil von Gentrifizierung. Und ich treibe auch keine Mieten in die Höhe. Die Miete unserer Filialen liegt im Durchschnitt bei 2.000 Euro im Monat. In München und Hamburg sind sie natürlich teurer. Würde ich teuer mieten, könnte ich keine günstigen Preise anbieten. Natürlich hat sich Berlin verändert. Aber ich bin kein Politiker, ich kann nicht beeinflussen, was der Bürgermeister macht. Ich habe eine Möglichkeit gesehen, das Problem der steigenden Preise in eine Geschäftsidee zu verwandeln. LAP basiert auf deutschen Werten: Effizienz, Erschwinglichkeit und Zugänglichkeit.

taz: Sie sprechen von Zugänglichkeit. Ihre Community scheint jedoch aus einer jungen, urbanen Elite zu bestehen.

Hage: Unsere Kunden sind keine Elite. Jeder ist auf unseren Events willkommen. Die Leute von nebenan kommen jeden Tag in unsere Läden. Und sie lieben uns, sie wollen uns in ihren Kiezen. Wir fragen ja unsere Kunden, wo sie einen Laden von uns haben wollen, und nur da gehen wir hin.

taz: Offensichtlich gibt es auch Leute, die Sie nicht haben wollen.

Lage: Menschen, die sich kritisch zu LAP äußern, haben Angst vor Veränderungen. Ich bin bereit, zuzuhören, und möchte verstehen, warum Menschen meinen, dass LAP negative Auswirkungen habe. Aber es muss anders kommuniziert werden. Wenn man Farbe auf meine Läden wirft, ist das kein gesunder Dialog.

taz: Sie betonen die Dialogbereitschaft. Gleichzeitig haben Sie Buchläden und Zentren, die Infomaterial von „LAPCoffeeScheiße“ ausgelegt haben, auf Unterlassung verklagt (siehe Beitext). Wie ist das vereinbar?

Hage: Es gibt einen großen Unterschied zwischen Vandalismus und Meinungen. Die Kampagne ruft dazu auf, die Pamphlete an LAP-Schaufenster zu kleben. Und genau das ist passiert: Seitdem die Flyer auslegen, haben die Fälle von Vandalismus zugenommen.

taz: Was haben Sie getan?

Hage: Ich kenne Krieg aus meiner Heimat Libanon, daher schätze ich die Zivilisiertheit der Berliner. Ich erwarte, dass hier nicht absichtlich zur Gewalt angestiftet wird. Also bin ich in die Buchläden gegangen und habe sie gebeten, die Flyer zu entfernen. (Betroffene La­den­be­sit­ze­r:in­nen verneinten dies gegenüber der taz; Anm. d. Red.). Sie weigerten sich. Wenn Buchladenbesitzer dazu aufrufen, Gesetze zu brechen, Gewalt anzuwenden und Vandalismus zu begehen, muss sie jemand – innerhalb des rechtlichen Rahmens – in die Schranken weisen. Das ist alles, was wir getan haben. Wir haben einen Anwalt geschickt, der höflich darum bat.

taz: Sie haben die Läden abgemahnt. Die Kampagne spricht von Slapp (Strategic Lawsuit Against Public Participation), also einem juristischen Einschüchterungsinstrument.

Hage: Dieser anonyme Blog lügt über mich, meine Arbeitshistorie und unsere Investoren und schürt Hass. Natürlich wird er die Geschichte verdrehen, um uns böse darzustellen.

taz: Wie wird Berlin in zehn Jahren aussehen, wenn LAP erfolgreich ist?

Hage: Mein Wunsch für Berlin: wirtschaftliche Entwicklung, glückliche Menschen, bezahlbarer Wohnraum, Chancen für alle. Die Stadt war fair zu mir. Ich habe hart gearbeitet, um Chancen zu nutzen. Ich wünsche allen nur das Beste.

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