Verhandlungen in Berlin: Europäer bieten Schutztruppe für Ukraine an

Der Betrieb war beachtlich. Am Montagabend, nachdem zwei Tage lang in Berlin zwischen der Ukraine und den USA verhandelt worden war, kamen acht EU-Staats- und Re­gie­rungs­che­f*in­nen ins Kanzleramt, dazu der britische Ministerpräsident Keir Starmer. Es sollte ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine sein. Sie machten aber auch ein Angebot: eine Schutztruppe zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstands.

Eine solche von Europa geführte, aus Beiträgen williger Nationen bestehende und von den USA unterstützte Truppe würde die ukrainischen Streitkräfte unterstützen und die Sicherheit des Luftraums und der Meere gewährleisten – „auch durch Operationen innerhalb der Ukraine“. So heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die am Abend verabschiedet wurde.

Bislang war Deutschland – anders als Großbritannien und Frankreich – zurückhaltend mit Blick auf eine solche Truppe gewesen. Die USA hatten ausgeschlossen, sich zu beteiligen. US-Präsident Donald Trump hatte vor einigen Monaten aber eine Unterstützung – etwa aus der Luft – für möglich erklärt. Russland lehnt den Einsatz ausländischer Sol­da­t*in­nen zur Überwachung eines Waffenstillstands ab.

Die Schutztruppe ist eine von mehreren Zusagen für den Fall einer Vereinbarung zur Beendigung des Krieges in der Ukraine. Eine weitere: Die Bereitstellung „anhaltender und erheblicher Unterstützung für die Ukraine zum Aufbau ihrer Streitkräfte, die zu Friedenszeiten permanent eine Stärke von 800.000 Soldatinnen und Soldaten haben sollen“. Also mehr als im Plan der USA ursprünglich vorgesehen.

Europäischer Aufschlag

Neben Bundeskanzler Friedrich Merz haben die Staats- und Re­gie­rungs­che­f*in­nen aus Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien, Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Norwegen und Schweden unterschrieben, sowie EU-Ratspräsident António Costa und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Das Treffen am Montagabend und die gemeinsame Erklärung waren der Abschluss der zweitägigen Verhandlungen in Berlin zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf der einen sowie dem Sondergesandten der US-Regierung, Steve Witkoff, und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner auf der anderen Seite. Das Ziel aus ukrainischer und europäischer Sicht: Den US-Punkte-Plan in ihrem Sinne weiterzuentwickeln. Russland war an den Gesprächen nicht beteiligt. Von dort hieß es bereits vor Beginn der Verhandlungen, dass von den europäischen Verbündeten der Ukraine „kaum etwas Gutes“ zu erwarten sei.

Inhaltliche Details sind bisher nicht bekannt. Nach den Verhandlungen aber äußerten sich die Beteiligten öffentlich auffällig positiv. „Was die USA hier in Berlin an rechtlichen und an materiellen Garantien auf den Tisch gelegt haben, ist wirklich beachtlich. Das ist ein ganz wichtiger Fortschritt“, sagte Merz mit Blick auf Sicherheitsgarantien für die Ukraine. „Die Ukraine wird dadurch auf Dauer verteidigungsfähig nicht nur aus eigener Kraft, sondern auch mit Unterstützung der verbündeten Staaten.“ Selenskyj sagte, die USA seien bereit, Sicherheitsgarantien zu geben, die Artikel 5 der Nato entsprächen. Danach wird ein Angriff auf einen Staat des Bündnisses wie ein Angriff auf alle behandelt.

Schwierig bleibt offenbar weiter die Frage möglicher Gebietsabtretungen an Russland, das die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen hat. Selenskyj sprach von weiterhin „unterschiedlichen Positionen“. Dass die USA die Ukraine zu Gebietsabtretungen aufgefordert haben, dementierte der ukrainische Präsident: „Ich bin nicht der Meinung, dass die USA etwas verlangt haben.“ Zu Russlands Kernforderungen für einen Waffenstillstand gehört, dass die Ukraine in Donezk auch Gebiete abtritt, die Russland bislang gar nicht erobert hat, die aber strategisch wichtig sind. Selenskyj lehnt das ab.

  • informationsspiegel

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