Gentrifizierung in Großstädten: Meckern auf hohem Niveau

O b Prenzlauer Berg in Berlin, Ehrenfeld in Köln oder die Neustadt in Dresden: Jede Großstadt hat ihre Trendviertel. Doch die waren nicht immer die beliebtesten und teuersten Gegenden. Früher lockten sie mit günstigem Wohnraum. Vor allem Kunstschaffende und Studierende mit geringem Budget kamen dort unter. Je mehr Freigeister sich versammelten, desto beliebter wurde der „alternative Vibe“ der (noch) geheimen Lieblingsviertel. Doch die Ruhe sollte nicht lange währen. Denn Investoren erschnüffeln bekanntlich schnell, wo Geld versteckt ist. Mit der Zeit beginnen die Fassaden der oft baufälligen Gebäude wortwörtlich zu bröckeln, Handwerker stürmen die Wohnungen, sanieren, renovieren, bauen. Und auf einmal rollen SUVs mit neuen Mietenden durch die Straßen.

Die Häuser werden moderner, die Wege glatter, die Infrastruktur wird vernetzter. Wie schön – für die, die es sich leisten können. Viele der Städ­te­r*in­nen profitieren im weitesten Sinne von diesem Prozess der „Gentrifizierung“.

Obwohl sich junge Menschen das Wohnen in den trendigen Bezirken nur selten leisten können, treffen sie sich genau dort mit ihren Freund*innen, um einen überteuerten Cappuccino zu schlürfen und dabei über die Überwindung des kapitalistischen Gesellschaftssystems zu debattieren.

Die Wohnungssuche in Universitätsstädten

Studierende, Auszubildende oder Berufseinsteigende können sich zugleich als Verursachende, Betroffene und Profitierende des Gentrifizierungsprozesses sehen. Natürlich ist es auch für sie nicht einfach, in Universitätsstädten wie Berlin oder München ein WG-Zimmer oder gar eine Wohnung zu finden. Trotzdem zieht es gerade sie in die belebten Innenstadtgebiete. Beschwerden über die „Meine Wohnung im Kreuzviertel habe ich ein halbes Jahr gesucht “-Problematik stehen auf der Liste ihrer alltäglichen Gesprächsthemen.

Panterjugend zur Bundestagswahl 2025

Dieser Text ist Teil des Projekts taz Panterjugend: 26 junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, Nachwuchs-journalist:innen, -illustrator:innen und -fotograf:innen, kommen im Januar 2025 zu digitalen Seminaren zusammen und im Februar zu einer Projektwoche in die taz nach Berlin. Gemeinsam entwickeln sie zur Bundestagswahl Sonderseiten für die taz – ein Projekt der taz Panter Stiftung.

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Weil es so naheliegend ist, sich über die eigene nervenaufreibende Wohnungssuche zu beschweren, vergessen die Erfolgreichen dabei oft diejenigen, die es sich überhaupt nicht mehr leisten können, in den Städten zu wohnen. Die ursprüngliche Bevölkerung wird durch die Aufwertung der Gegenden verdrängt. Viele Wohnungen werden nur renoviert, um hohe Mieten zu rechtfertigen – auf Kosten derjenigen, die kaum Mittel haben, sich dagegen zu wehren.

Leider richtet sich die Stadtgestaltung vermehrt danach, wie Ei­gen­tü­me­r*in­nen und In­ves­to­r*in­nen am meisten Profit aus ihren Immobilien schlagen können, anstatt einen gemeinsamen und gerechten Lebensraum für alle zu schaffen. An die Stelle einer potenziell bunten Nachbarschaft tritt immer mehr eine Spaltung oder gar Polarisierung in der Wohngegend. So gehen Viertel verloren, die sich durch ihre einzigartige Vielfalt vom Rest der Stadt abheben konnten. Was die geplante Stadtentwicklung betrifft, bekommen die Risiken der Gentrifizierung nicht genug Aufmerksamkeit. Schließlich ist die Stimme der Verdrängten oft nicht laut genug.

Die Aufgabe all derer, für die Wohnungssuche mehr ein Luxusproblem als existenzielle Not ist, liegt auch darin, ein Sprachrohr für weniger privilegierte Gruppen zu sein. Selbst wer es sich leisten kann, sollte sich überlegen, ob er oder sie es sich gefallen lassen will, eine überhöhte Miete zu zahlen – ob aus Sinn für das Allgemeinwohl oder aus egoistischen Gründen. Wenn unzulässig hohe Mieten von Wohnungssuchenden weiterhin toleriert werden, treibt das die Preise in die Höhe und es verschärft den Konkurrenzkampf um Wohnraum auf Kosten von einkommensschwachen Personen.

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