Krieg in Videospielen: Stell dir vor, es ist Krieg und niemand spielt mit

W ir werfen so, mit einem Bein nach vorne, die Granate hier unten am Bein, dann die Hand nach vorne, wo man treffen will. Und dann …“, sagt der Soldat und schmeißt die Granaten­attrappe lässig über den Übungsplatz. Neben ihm im Schützengraben machen es ihm Leute nach. „Huiii!“, sagt eine junge Frau. Eine Reportage von Spiegel-TV zeigt diese Szene vom Tag der offenen Tür beim Gefechtsübungszentrum Heer in Schnöggersburg Mitte Mai.

Hahaha, lustig, Granaten werfen, welch ein Spaß. In den Panzer klettern darf man auch. „Ich mache das nicht, weil ich das, was vor mir liegt, hasse, sondern weil ich das, was hinter mir liegt, liebe“, erklärt später ein anderer Soldat. Er, der Granatenwerfer und die meisten Videospiele, die sich um Krieg drehen, haben eines gemeinsam: Sie zeigen das Leid nicht.

Wen würde die Granate treffen? Wer ist es, den ich zwar nicht hasse, aber auch nicht so liebe wie das hinter mir? Welchen Schaden würden die Armeen anrichten, die ich im Videospiel übers Schlachtfeld jage? Wer würde die Feinde betrauern, die ich im Ego-Shooter-Modus abknalle?

Krieg spielen ist nicht per se verwerflich. Die Menschheit spielt schon ewig Krieg: mit Schachfiguren oder Zinnsoldaten – und heutzutage mit digitaler Knarre im virtuellen Schlachtfeld. Kriegsstrategiespiele oder Ego-Shooter sind eine logische digitale Fortsetzung der analogen Spiele. Sie sind – genau wie Rennspiele – eine Art von Wettkampf, bei dem es um Taktik und Schnelligkeit geht. Worum es dabei nicht geht: zu erfahren, wie sich echter Krieg anfühlt.

Bundeswehr nimmt Game­r:in­nen ins Visier

Das hat die Bundeswehr aber wohl noch nicht kapiert. Sie sieht in Game­r:in­nen ein gefundenes Marketingfressen. Bundeswehreinsätze im Katastrophen- oder Kriegsgebiet haben zwar nichts mit Spiel und Spaß zu tun. Trotzdem hat die Armee jedes Jahr auf der größten Spielemesse Deutschlands – der Gamescom – einen eigenen Stand. Nachhaltig negativ beeindruckt hat auch eine Kampagne von 2018, als die Bundeswehr mit den Slogans „Multiplayer at its best!“ und „Mehr Open World geht nicht!“ geworben hat.

Dieses Anbiedern traf auf Entsetzen und Spott. Im Krieg kann man nicht auf Stopp drücken, nicht neu starten, wenn man stirbt, und die Geg­ner:in­nen sind keine seelenlosen Bots, sondern Menschen. Dass die Bundeswehr diese Realität als Spiel vermarktet, ist irreführend und lebensgefährlich. Krieg ist tödlich.

Das thematisieren auch Videospiele viel zu selten. Eine der wenigen Ausnahmen: „This War of Mine“, in dem eine Gruppe von Menschen in einer zerbombten Stadt zu überleben hofft. Das Spiel ist ein gelungener Versuch, Strategie mit der Realität von Krieg zu vereinen: Wie setze ich die wenigen Ressourcen ein, die es gibt? Mit wem verbünde ich mich? Eine Fehlentscheidung kann den Tod eines Gruppenmitglieds bedeuten.

Spiel „This War of Mine“

Von 11 Bit Studios aus dem Jahr 2014. Ab 18 Jahren. Kostet etwa 6 Euro und ist erhältlich auf den meisten Plattformen, wo es Videospiele gibt.

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Die Auseinandersetzung mit dem Leid, das durch Krieg entsteht, ist wichtig: um sich immer wieder zu erinnern, dass man alles daransetzen muss, ihn zu verhindern.

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