
Kaltes Wetter hat auch etwas Gutes, zum Beispiel süße Outfits. Hoch im Kurs ist aktuell das Balaclava. Nein, nicht die vor Honig triefende Süßigkeit. Das Balaclava ist eine Art Neuinterpretation der Sturmhaube, eine Mischung aus Kapuze und Schal.
Tiktok zeigt, wie man es am besten trägt: locker, Haaransatz sichtbar, zwei Locken dürfen das Gesicht umrahmen. Ursprünglich stammt das Kleidungsstück aus dem Krimkrieg (1853–1856), als britische Soldaten sich damit vor Kälte schützten. In den 2000er Jahren wurde es zum aktivistischen Symbol – man denke nur mal an Pussy Riot.
Mittlerweile ist es ein Staple Piece geworden, jede Marke produziert ihre eigene Variante davon. Aber deswegen ist es nicht weniger politisch. Während sich viele über Stylingtipps austauschen, gibt es auch Stimmen, die eine Frage in den Raum stellen: Worin unterscheidet sich das Balaclava eigentlich vom Kopftuch? Und wieso wirkt Balaclava süß und trendy, aber Hijab problematisch?
Balaclava tragen, ohne Angst vor Diskriminierung zu haben, ist ein Privileg, sagen einige Creator*innen. Und falls es doch einmal zu unangenehmen Situationen kommen sollte, zieht man das Ding einfach schnell wieder aus. Spätestens, sobald es wieder wärmer wird. Der Hijab bleibt.
Parallel dazu läuft eine Diskussion zu Sprache. Auch hier geht es um Privilegien. Das Wort „Tamam“ oder in Chat „tmm“ geschrieben, kommt ursprünglich aus dem Arabischen und Türkischen, ist aber schon längst auch in der deutschen Jugendsprache zu Hause. Meistens wird es als Zustimmung wie „okay“ oder „in Ordnung“ verwendet.
In den vergangenen Wochen hat das Wort besonders auf Social Media Konjunktur. Scheinbar als Gegenbewegung zu „d’accord“. Denn während das französische Wort gebildet und vornehm wirkt, wird „tamam“ belächelt und als Kanak Sprak abgetan.
Stigmatisierung statt Mode
Nun stellt sich wieder einmal die Frage: Wer darf eigentlich was sagen? Ist es solidarisch, wenn weiße Menschen das Wort nutzen und dadurch normalisieren? Oder ist es eine oberflächliche Aneignung, von der nur jene profitieren, die nicht Gefahr laufen, rassifiziert und diskriminiert zu werden?
Es sind zwei Symptome desselben Problems: Antimuslimischer Rassismus ist immer noch omnipräsent. Und der Umgang damit erfordert eine intersektionale Perspektive. In beiden Fällen. Weiße Frauen mit Balaclava gelten als harmlos, während Hijabis oft des Islamismus verdächtigt werden.
Kindern, die mit Englisch oder Französisch aufwachsen, wird Intelligenz zugeschrieben, dagegen bekommen Kinder, die in einem türkischen oder arabischen Elternhaus mehrsprachig aufwachsen, meist etwas aus dem „In Deutschland spricht man Deutsch“-Spektrum zu hören. Alles nicht neu, aber auch nach wie vor nicht gelöst.
Das Gute ist: Das Netz diskutiert darüber, dass cool oft mit privilegiert zusammenhängt und dass, im Gegensatz dazu, Markierung in Stigmatisierung endet. Ob die Diskussionen in ein konstruktives Umdenken führen wird oder nur zu Kommentar-Schlachten werden wir sehen.






