Ministerpräsidentenkonferenz: Bundesländer warnen vor Belastung der Kommunen

Die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen der Länder fordern einen Ausgleich für die Einnahmen, die den Kommunen durch das geplante Steuerentlastungspaket der schwarz-roten Koalition wegbrechen. Die Länder begrüßen das Entlastungspaket der Bundesregierung, sagte der sächsische Landeschef Michael Kretschmer (CDU) nach der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am Donnerstag im Berliner Bode-Museum. Kretschmer ist zurzeit Vorsitzender der MPK. Aber die Länder seien auch die „Schutzpatrone“ der Kommunen. „Wir brauchen einen finanziellen Ausgleich“, sagte er. Viele Städte und Gemeinden befänden sich bereits finanziell an der Grenze dessen, was verfassungsrechtlich möglich sei.

Der Hintergrund: Die Bundesregierung hat am Mittwoch ein Paket auf den Weg gebracht, mit dem Unternehmen entlastet werden sollen. Der Bundestag hat darüber am Donnerstag in erster Lesung beraten, im Juli soll der Bundesrat abstimmen. Vorgesehen ist unter anderem, dass Betriebe Steuervorteile erhalten, wenn sie investieren.

Bis 2029 entgehen Bund, Ländern und Kommunen zusammen fast 46 Milliarden Euro. Zwei Drittel der fehlenden Steuereinnahmen entfallen auf die Bundesländer und die Kommunen. Städten und Gemeinden werden nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln zwischen 2025 und 2028 Steuereinnahmen in Höhe von 11 Milliarden Euro fehlen.

Länder planen Zustimmung

Die Länder wollten im Bundesrat zustimmen, sagte der neue niedersächsische Ministerpräsident Olaf Lies (SPD), der im Mai seinen Vorgänger Stephan Weil abgelöst hat. „Das ist unser festes Ziel“, betonte Lies, der stellvertretender MPK-Vorsitzender ist. Dazu müssten aber die Einnahmeausfälle kompensiert werden.

Er warnte davor, die fehlenden Steuereinnahmen und die geplanten Gelder aus dem Finanzpaket „gegeneinander aufzurechnen“. Damit spielte er auf das beschlossene Infrastrukturpaket für Investitionen an, das mit dem kreditfinanzierten „Sondervermögen“ in Höhe von 500 Milliarden Euro finanziert werden soll. Davon sollen 100 Milliarden Euro an die Länder und Kommunen fließen. Das dürfe nicht mit der Diskussion um die fehlenden Einnahmen durch das Entlastungspaket vermischt werden. „Das sind unabhängige Punkte“, sagte Lies.

Mehrere Lan­des­che­f:in­nen hatten im Vorfeld der Konferenz ebenfalls einen Ausgleich für die Kommunen gefordert. „Wir brauchen Kompensation“, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD). Länder und Kommunen könnten die enormen Mindereinnahmen nicht schultern. Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) forderte, die Kommunen zu ent- statt belasten. „Unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind weit über dem Limit. Denn sie haben alle defizitäre Haushalte.“

Die angespannte Finanz­situation zeigt sich besonders deutlich in Sachsen. Vor zwei Wochen hat der Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetags, Bert Wendsche, dem Landesparlament einen Forderungskatalog überreicht. Titel: „Kommunale Haushalte in Not!“ Im Gespräch mit der taz betonte der parteilose Kommunalpolitiker am Mittwoch zwar, es sei gut, die Wirtschaft anzukurbeln. Aber die Kommunen könnten es nicht verschmerzen, noch weniger Geld zu haben.

Sachsen stecke in schlimmer Finanzkrise

„Sachsen steckt in der schlimmsten Finanzkrise der kommunalen Ebene, die wir je hatten“, sagte Wendsche. Seit 2001 ist er Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Radebeul, nordöstlich von Dresden. Im Vorjahr hätten die sächsischen Kommunen bereits einen Finanzverlust von 682 Millionen Euro hinnehmen müssen. Sollte die Entlastung wie vom Bund geplant kommen, rechnet Wendsche mit weiteren Verlusten von 360 Millionen Euro an Gewerbesteuer und am Gemeindeanteil der Einkommensteuer bis 2029.

In der Folge müssten Kommunen bei Investitionen sparen und ihre Angebote einschränken. Kitas und Schulen, Schwimmbäder, ÖPNV oder die soziale Infrastruktur würden darunter leiden. Das hätte auch Folgen für die Unternehmen, sagt Wendsche: „Wenn das kommunale Leben zum Erliegen kommt, ist das auch kontraproduktiv für die Wirtschaft.“

Aber könnten die Kommunen nicht das Geld aus dem Investitionspaket für die Infrastruktur nutzen? Vor dieser Vermischung warnt Wendsche ebenso wie der niedersächsische Landes­chef Lies. Das Paket werde „frühestens 2027 finanziell ausgabewirksam“, sagte Wendsche. Es sei für Investitionen gedacht, nicht für laufende Ausgaben. „Investitionen nützen nichts, wenn Sie vorher insolvent sind.“

Bärendienst der Bundesregierung befürchtet

Der Deutsche Städtetag fordert ebenfalls einen Ausgleich. „Wenn der Bund Steuererleichterungen auf den Weg bringt, müssen die Einnahmeausfälle der Kommunen komplett ausgeglichen werden“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer. Bleibe den Kommunen kein Spielraum für Investitionen, erweise die Bundesregierung der Wirtschaft einen „Bärendienst“: „Investitionen der Kommunen fließen zu einem großen Teil direkt an die heimische, regionale Wirtschaft“, sagte er.

Ursprünglich sollten die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen nach ­ihrer Konferenz mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zusammentreffen. Das ist wegen dessen Reise zu US-­Präsident Donald Trump verschoben worden. Am 18. Juni wollen die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen und Merz gemeinsam beraten, wie eine Lösung aussehen könnte. „Das ist kein Thema, das Parteien trennt“, sagte Landeschef Kretschmer. „Das ist ein Thema zwischen Bund und Ländern.“

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