Russische Luftangriffe: Tote und Verletzte in Luzk

Luzk taz | Das westukrainische Luzk wurde schon häufig als „friedliche Stadt“ bezeichnet. Viele dachten bislang, der Krieg sei hier sehr weit entfernt. Aber in der Nacht zu Freitag, morgens ums drei, wurde die Stadt durch Kanonendonner geweckt: der größte russische Angriff auf die Stadt seit Kriegsausbruch 2022 hatte begonnen.

Russische Raketen und Drohnen griffen die gesamte Ukraine an, aber am stärksten wurden dieses Mal neben Kyjiw die Städte Luzk und Ternopil im Westen des Landes getroffen. Luzk, nur etwa 100 Kilometer von der EU-Außengrenze entfernt, wurde mit sechs Raketen und 15 Drohnen vom Typ „Shahed“ beschossen. Das gab der Luzker Bürgermeister Ihor Polischtschuk bekannt.

Die vorangegangenen Angriffe auf die Stadt waren weit weniger stark. Am 15. April zum Beispiel wurden drei Shahed-Drohnen über Luzk abgefangen, nachdem die Stadt zuvor mit zwei bis vier Raketen bzw. Drohnen beschossen worden war.

Drei Angriffswellen in einer Nacht

In der Nacht zu Freitag gab es drei Angriffswellen: Russische Geschosse kamen aus verschiedenen Richtungen und kreisten über der Stadt. Die ukrainische Abwehr reagierte mit Gegenfeuer, während die Ein­woh­ne­r*in­nen in Schutzräume oder Keller hasteten oder sich – nach der 2-Wände-Regel – in den Fluren ihrer Wohnung verschanzten, um wenigstens nicht durch Glassplitter verletzt zu werden.

Krieg in der Ukraine

Mit dem Einmarsch im 24. Februar 2022 begann der groß angelegte russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Bereits im März 2014 erfolgte die Annexion der Krim, kurz darauf entbrannte der Konflikt in den ostukrainischen Gebieten.

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„Ich bin ruhiger, wenn unsere Leute schießen, als wenn ich das Knattern einer Shahed-Drohne höre, die jeden Moment auf ein Ziel stürzen kann“, erzählt Iryna Duzhtshyk, während sie die Glasscherben vor ihrem fünfstöckigen alten Wohnhaus in einem dicht besiedelten Stadtviertel zusammen kehrt. Die Häuser in der Nachbarschaft sehen mit kaputten Türen und Fenstern ähnlich aus wie ihres.

So gut die Luftabwehr auch funktionierte, konnte die russische Armee in Luzk dieses Mal mehrere Treffer landen. Die Regierung gibt diese Ziele gewöhnlich nicht bekannt, aber sie befanden sich dieses Mal alle in der Nähe von Wohnhäusern.

Zwei Tote aus dem 8. Stock

Am stärksten betroffen war ein alter, neunstöckiger Plattenbau. Die oberen Stockwerke wurden von einer Rakete getroffen, so dass einer der Eingänge komplett einstürzte. Die meisten der Bewohner hatten Glück und konnten sich rechtzeitig in den Hof oder die unteren Stockwerke retten.

Weniger Glück hatten zwei junge Menschen aus dem 8. Stock, die Rettungskräfte später unter den Trümmern fanden. Der junge Mann und die junge Frau waren schon lange zusammen und hatten Heiratspläne.

Bauarbeiten an einem getroffenen Gebäude in Luzk



Foto: Juri Konkewitsch/taz


In der Nähe des zerstörten Hauses lag ein Hotel, in dem während des Angriffs Sport­le­r*in­nen lebten, die zur ukrainischen Leichtathletik-Meisterschaft nach Luzk gekommen waren, darunter viele Mitglieder der ukrainischen Mannschaft. Der Einschlag geschah quasi direkt vor ihren Augen.

Insgesamt 27 Menschen wurden verletzt. Die russischen Angreifer zerstörten einige Wohnhäuser, einen Kindergarten, Lagerhäuser und Bürogebäude.

Weiterleben trotz Luftangriffen

Aber das Leben geht weiter: Die Leichtathleten machten sich trotzdem von ihrem Hotel zum Stadion auf, um an den Wettkämpfen teilzunehmen. Und die Ein­woh­ne­r*in­nen von Luzk sammelten über die sozialen Netzwerke Geld für die Menschen, die durch die Angriffe der Russischen Föderation ihr Zuhause und ihre Autos verloren hatten.

Die Menschen wurden in Wohnheimen und Hotels untergebracht. Die Stadtverwaltung bezahlt die Umsiedlung und denkt darüber nach, was jetzt mit den Häusern geschehen soll, die nach dem russischen Angriff jeden Moment einstürzen können.

Aus dem Ukrainischen Gaby Coldewey

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