Jens Spahn im Haushaltsausschuss: Spahn behält die Maske auf

Berlin taz | Als der Bundestag am Mittwoch zur aktuellen Stunde zusammenkommt, sitzt Unionsfraktionschef Jens Spahn nicht im Plenarsaal. Dabei ging es um ihn: Die Linksfraktion hatte die Sitzung einberufen, um über den Sonderbericht zur Maskenbeschaffung zu debattieren. Der ehemalige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte das Gutachten in Auftrag gegeben, die dafür Beauftragte Margaretha Sudhof (ebenfalls SPD) erhebt darin schwere Vorwürfe gegen Spahn: Er habe durch sein Verhalten bei der Maskenbeschaffung Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Dabei habe er immer wieder gegen den Rat seiner Fachabteilungen und anderer Ministerien gehandelt.

Ines Schwerdtner, Fraktionschefin der Linken, sagte: „Während wir uns um unsere Angehörigen kümmerten, haben Sie sich selbst versorgt: mit Kontakten, mit Deals, und mit Milliarden aus unserem Steuergeld.“ Statt die Vorfälle aufzuklären, wasche Spahn jetzt seine Hände in Unschuld. Dass die Par­la­men­ta­rie­r*in­nen eine über weite Teile geschwärzte Version des Berichts bekommen hätten, sei „der gezielte Versuch, das Parlament für dumm zu verkaufen“.

Die neue Gesundheitsministerin und Spahns Parteikollegin Nina Warken hatte das zensierte Dokument am Dienstagmorgen den Mitgliedern des Haushaltsausschusses zur Verfügung gestellt. Von den 170 Seiten sind 5 Seiten komplett geschwärzt, andere zum großen Teil. Im gesamten Dokument sind immer wieder Namen, Quellenangaben und einzelne Sätze zensiert. Vor allem jene Seiten, auf denen es um die Direktbeschaffung von Masken geht, hält das Ministerium unter Verschluss. Im Speziellen geht es dabei offenkundig um die Geschäfte mit der Schweizer Firma Emix.

Für die aktuelle Stunde im Bundestag unterbrach der Haushaltsausschuss, wo Spahn unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt wurde, seine Sitzung. Am Vormittag war im Gesundheitsausschuss bereits Warken geladen und beantwortete dort Fragen zum Sudhof-Bericht.

Untersuchungsausschuss bleibt vorerst unwahrscheinlich

Grüne und Linke kritisierten den Auftritt der neuen Ministerin im Gesundheitsausschuss: „Statt Aufklärung gab es Ausflüchte“, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen. Warken sei es um den „Schutz“ ihres Parteifreunds Spahn gegangen. Sie habe im Ausschuss zentrale Fragen zur Rolle Spahns nicht beantworten können.

Ates Gürpinar, für die Linken im Gesundheitsausschuss, zweifelte nach Warkens Auftritt daran, „dass wir ohne einen Untersuchungsausschuss eine lückenlose Aufklärung des Machtmissbrauchs und der Korruption während der Coronapandemie erleben dürfen“.

Ein Untersuchungsausschuss, wie Grüne und Linke ihn fordern, könnte für Spahn unangenehm werden. Doch ohne die AfD, deren Unterstützung in der Sache man nicht möchte, fehlt beiden Fraktionen das nötige Quorum von 25 Prozent. Und die SPD hält bislang loyal zum Koalitionspartner Union: „Eine Enquetekommission ist das richtige Instrument, um die Coronazeit sachlich aufzuarbeiten und daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen“, sagt der erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Dirk Wiese, beim Pressegespräch am Mittwoch. Er glaube, dass das Thema Maskenbeschaffung dabei auch eine Rolle spielen werde.

Doch allenfalls eine untergeordnete, neben großen Fragen zu Schulschließungen und zur Impfpflicht. Außerdem stellt eine Enquetekommission anders als ein Untersuchungsausschuss keine eigenen Ermittlungen an; Spahn kann sich also ziemlich sicher sein, dass das Thema Masken in der Kommission wieder versenkt wird.

Die Union hilft Spahn, wo sie kann

Die Union wehrt sich so womöglich erfolgreich gegen parlamentarische Kontrolle. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) scheint dem ebenfalls Vorschub leisten zu wollen: Eine Kleine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung zum Wortlaut des Sudhof-Berichts soll sie nicht an die Bundesregierung weitergeleitet haben, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete – es wäre ein ungewöhnliches Verhalten für die Präsidentin des Parlaments, parlamentarische Aufklärung zu verhindern.

Neben den geschwärzten Stellen wurde der Sudhof-Bericht wohl auch noch redaktionell bearbeitet, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Ihre Jour­na­lis­t*in­nen hatten Teile des Berichts vorab vorliegen und stellten die Versionen nebeneinander.

Ersatzlos gestrichen wurden demnach in dem jetzt vorliegenden Dokument Sätze wie: „Wiederholt wurde das Team sinngemäß begrüßt mit dem Satz, dass man sich darüber wundere, warum erst jetzt jemand vom BMG erscheint und nachfragt.“ Es fehle auch die Feststellung, dass „offenkundig“ gewesen sei, dass das Gesundheitsministerium nicht dazu imstande gewesen sei, die Schutzausrüstung zu verteilen.

Fortsetzung in der Affäre folgt: Am Donnerstag soll eine weitere parlamentarische Diskussion stattfinden.

  • informationsspiegel

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