Hardrockszene streitet wegen Nahost: Schlimmes Gegniedel über Gaza

In der Chronik der fortschreitenden politischen Überhitzung von Popkultur ist wieder einen Entgrenzung zu vermelden. Nun wird auch das eher unpolitische Genre Metal von aufgepeitschten Mitteilungsbedürftigen polarisiert.

Mit der sogenannten „Kneecap vs. Draiman“-Fehde hat die aktivistische Beeinflussung des Genres durch den Gazakrieg begonnen. Traurig – immerhin war Metal bislang ein Genre, das von Virtue Signalling, Empörungsritualen und Boykottaufrufen verschont blieb.

Die Vorgeschichte: Im Frühjahr entbrannte ein Beef zwischen der irischen HipHop-Crew Kneecap und David Draiman, Sänger der US-Metal-Band Disturbed. Kneecap zeigte beim Coachella-Festival die Botschaften „Fuck Israel/Free Palestine“ und warf Israel „Genozid“ vor. Bei einem Londoner Konzert wedelten die Rapper mit einer Hisbollah-Fahne.

Granaten signieren

Draiman, US-Jude mit Familie in Israel, hatte bereits im Juni 2024 eine israelische Granate mit dem Spruch „Fuck Hamas“ signiert. Tom Morello, ehemaliger Gitarrist der US-Crossoverband Rage Against the Machine, lobte Kneecap als „Rage Against the Machine der Gegenwart“. Draiman konterte: „Schändlich. Virtue Signalling für jene, die Terror unterstützen und Judenhass anstacheln.“

Kneecap reagierten auf Social Media: „Grinsend Bomben zu signieren, die dazu bestimmt sind, Kinder zu töten … macht dich zu einem absolut widerlichen Arschloch.“ Darauf reagierte Draiman: „Diese Granate war für die Hamas bestimmt … Ihr schießt auf Juden? Dann müsst Ihr damit rechnen, dass Juden das Feuer erwidern.“

Beim Abschiedskonzert von Black Sabbath vor wenigen Tagen im britischen Birmingham wurde Draiman, dessen Band im Vorprogramm spielte, von Teilen des Publikums ausgebuht. Er behauptete, dass Aufnahmen der Buhrufe nachträglich manipuliert und im Netz hochgeladen worden seien. Der Nutzen dieser Fehde für die Angehörigen der Geiseln, israelische Kriegs­geg­ne­r*in­nen und palästinensische Ak­ti­vis­t*in­nen im Kampf gegen die Hamas geht wieder einmal gegen null.

Spielwiese für Entgleisungen

Es wäre schlicht ätzend, wenn Metal nun zur Spielwiese für politische Entgleisungen werden würde, die das Vorgehen der israelischen Armee als Genozid bezeichnen, aber kein Wort über die erklärte Vernichtungsabsicht der Hamas verlieren. Oder – wenn auch seltener – auf der anderen Seite das Schicksal der palästinensischen Zivilbevölkerung ignorieren, indem sie Bomben signieren.

Bislang war Metal eine brachiale, weitgehend friedfertige theatralische Inszenierungswelt, in der gelegentlich mal jemand von außen anklopfte, um vor Satanismus zu warnen. Refugien, in denen man nicht ständig dazu aufgefordert wird, sich mit bestenfalls unterkomplexen, schlimmstenfalls menschenverachtenden Tiraden auseinandersetzen zu müssen, hätte man halt doch gern behalten.

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