Beziehungen zwischen China und Indien: Elefant Modi tanzt mit dem Drachen Xi

Seoul/Mumbai taz | An solche Bilder wird sich die Weltöffentlichkeit wohl gewöhnen müssen: Als Xi Jinping beim Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) zum Gruppenfoto lud, platzierte er den russischen Präsidenten direkt an seiner rechten Seite. Die Inszenierung macht unmissverständlich klar: China und Russland sind auch im vierten Jahr des Ukrainekriegs unzertrennliche Partner.

Seit Sonntag tummeln sich die Staats- und Regierungschefs von knapp der Hälfte der Weltbevölkerung in der chinesischen Küstenstadt Tianjin, um sich von Peking diplomatisch umgarnen zu lassen. Die SCO ist ein antiwestlicher Gegenentwurf zur Nato unter dem Deckmantel des Multilateralismus. Tatsächlich steht vor allem eine Macht im Zentrum: das Reich der Mitte. Dank eines disruptiven US-Präsidenten Donald Trump, der Amerikas Verbündete systematisch mit Isolationismus und Strafzöllen vergrault, fällt Xis symbolisch aufgeladener Gipfel auf fruchtbaren Boden.

So ist es allein schon ein Erfolg, dass Indiens Premier Narendra Modi erstmals seit sieben Jahren wieder nach China gereist ist. Am Rande des Gipfels sprach er zudem in demonstrativ freundlicher Atmosphäre mit Xi. Beide einigten sich, dass man an den umstrittenen Grenzgebieten am Himalaja, wo es 2020 zu tödlichen Zusammenstößen unter Soldaten kam, Frieden wahren wolle.

Die chinesisch-indische Zusammenarbeit könne das 21. Jahrhundert zu einem „asiatischen“ machen, sagte Modi. Seine Botschaft erwiderte auch Xi: „Indien und China sind Partner, keine Gegner“, sagt der chinesische Machthaber: „Wir sollten gute Nachbarn und Partner sein, einander zum Erfolg verhelfen und einen gemeinsamen Tanz von Drache und Elefant ermöglichen.“

Mehr „Optik als Substanz“

Indische Experten messen dem Treffen vor allem symbolischen Wert bei. Analyst Brahma Chellaney kommentiert, die Gespräche zwischen Xi und Modi seien mehr „Optik als Substanz“, da es „keine Fortschritte bei den zentralen Streitpunkten in Bezug auf Sicherheit, Handel und die Grenze“ gab. Neu-Delhi fährt denn auch offen mehrgleisig: Vor seinem Tianjin-Besuch etwa war Modi in Tokio, wo er die ohnehin engen Bindungen mit Shigeru Ishiba – Japans Peking-kritischem Regierungschef – vertiefte. Und wenig später telefonierte Modi mit Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskij, um sich über gemeinsame Friedensbemühungen auszutauschen. Offenbar möchte Indiens Premier eine gewisse geopolitische Distanz zu Moskau und Peking wahren.

Chinas Führung hingegen hat sich deutlich auf die russische Seite gestellt – und macht daraus auch keinen Hehl mehr. „In gewisser Weise ist es die Aufrechterhaltung normaler Handelsbeziehungen zwischen SCO-Ländern wie China und Indien mit Russland, die verhindert hat, dass die russische Wirtschaft unter den westlichen Sanktionen schnell zusammengebrochen ist. Ich glaube, Putin muss dafür zutiefst dankbar sein“, sagte etwa Henry Huiyao Wang, Gründer der KP-nahen Denkfabrik Center for China and Globalization, in einem Interview.

„Nach dreieinhalb Jahren Konflikt ist sich Putin sehr wohl bewusst, dass die Ursache dieses Krieges in der Osterweiterung der Nato liegt“, sagte Wang. Dass der russische Präsident also Nato- oder EU-Truppen zur Friedenssicherung in der Ukraine akzeptieren werde, sei daher unwahrscheinlich. Deshalb müsse, so Wang, eine von den Vereinten Nationen geführte Friedenstruppe unter führender Beteiligung Chinas initiiert werden, um „eine neue Waffenstillstandslinie zwischen Russland und der Ukraine aufrechtzuerhalten“.

Dass Kyjiw dies jedoch aus berechtigten Gründen ablehnt, spielt im Weltbild der Pekinger Parteiführung keine Rolle. Die sieht den Konflikt nämlich vor allem als Stellvertreterkrieg der Großmächte und die Ukraine als Marionette der US-geführten Nato.

  • informationsspiegel

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