Bundesaufnahmeprogramm: Zehn afghanische Familien in Deutschland gelandet

Insgesamt weitere 47 Personen konnten am Montag nach Deutschland einreisen. Dies war nur möglich, weil sie vorher klagten.

Berlin taz | Am Montagnachmittag sind 10 afghanische Familien aus Pakistan in Hannover gelandet. Der Linienflug von Turkish Airlines startete am Morgen in Islamabad und führte über die Türkei nach Deutschland. Insgesamt waren 47 Geflüchtete an Bord, darunter 19 Frauen und 20 Kinder. Die Familien kommen ins Aufnahmelager im niedersächsischen Friedland.

Die Geflüchteten gehören zu den 2.300 Afghan:innen, die eine Aufnahmezusage der Bundesregierung haben, jedoch teils seit Jahren in Islamabad auf ihre Ausreise warten. Erst durch Klagen konnten die Familien ihre Einreise durchsetzen und erhielten schließlich ihre Visa. Noch immer laufen mehr als 80 ähnliche Verfahren. Das Berliner Verwaltungsgericht hatte dem Auswärtigen Amt Zwangsgelder von bis zu 10.000 Euro angedroht, wenn weiterhin keine Visa ausgestellt würden.

Seit der Machtübernahme der Taliban gelten insbesondere Menschenrechtsaktivist:innen, An­wäl­t:in­nen und Jour­na­lis­t:in­nen als besonders gefährdet. Um ihnen Schutz zu bieten, hatte die Bundesregierung vier Aufnahmeprogramme aufgelegt. Die schwarz-rote Koalition stoppte das Bundesaufnahmeprogramm (BAP) im Mai jedoch. Auch die Prüfverfahren für die Af­gha­n:in­nen mit Aufnahmezusage, wurden nicht fortgesetzt.

Außenminister Johann Wadephul (CDU) teilte mit, die Frist für die Überprüfungsmaßnahmen sei bis Jahresende verlängert worden. Nun erwarte er, dass die deutschen Sicherheitsbehörden die Zeit effektiv nutzen. Laut Innenministerium haben über 90 Prozent das Verfahren noch nicht vollständig durchlaufen.

Der Druck in Pakistan wächst jedoch weiter. Nachdem Berlin mehrfach Fristen zur Aufnahme ungenutzt verstreichen ließ, kam es im August zu Razzien, bei denen Behörden Hunderte Af­gha­n:in­nen festgenommen und 210 von ihnen zurück nach Afghanistan abgeschoben haben.

Derweil entschied am Montagnachmittag das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, dass die Aussetzung bestimmter Aufnahmeverfahren, die nicht Teil des BAPs sind, rechtmäßig war. Eine bloße Aufnahmebereitschaft begründe keinen rechtlichen Anspruch auf ein Visum.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei!

Jetzt unterstützen

  • informationsspiegel

    Related Posts

    Politische Repression in Hongkong: Tschüss, Demokratie
    • December 16, 2025

    China zieht die Daumenschrauben in der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong weiter an. Europa sollte genau hinsehen. mehr…

    Weiterlesen
    Umgang mit Alttextilien: Die Kosten alter Jeans und Pullis
    • December 16, 2025

    Immer mehr Klamotten auf dem Markt: Künftig müssen sich die Hersteller von Kleidung an den Entsorgungskosten beteiligen. Das weckt Begehrlichkeiten. mehr…

    Weiterlesen

    Nicht verpassen

    Politische Repression in Hongkong: Tschüss, Demokratie

    • 5 views
    Politische Repression in Hongkong: Tschüss, Demokratie

    Umgang mit Alttextilien: Die Kosten alter Jeans und Pullis

    • 5 views
    Umgang mit Alttextilien: Die Kosten alter Jeans und Pullis

    Diskussion über NS-Straßenname: Varel kommt nicht aus der Kriegsverbrecher-Sackgasse

    • 5 views
    Diskussion über NS-Straßenname: Varel kommt nicht aus der Kriegsverbrecher-Sackgasse

    „Projekt Halle“: Eine gesunde Arroganz

    • 4 views
    „Projekt Halle“: Eine gesunde Arroganz

    Ausstellung über Weihnachtsfeierkultur: „Das erste Weihnachten ohne Pappi“

    • 5 views
    Ausstellung über Weihnachtsfeierkultur: „Das erste Weihnachten ohne Pappi“

    „Urchristen“ auf dem Weihnachtsmarkt: Vegetarisch mit antisemitischem Beigeschmack

    • 5 views
    „Urchristen“ auf dem Weihnachtsmarkt: Vegetarisch mit antisemitischem Beigeschmack