Aus für US-Sanktionen gegen Syrien: Jubel und Verwunderung in Damaskus

Amann taz | Die Überraschung war groß am Dienstagabend in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Nach monatelangem Hin und Her hat US-Präsident Donald Trump beim Auftakt seiner Nahost-Reise in Saudi-Arabien angekündigt, die US-Sanktionen gegen Syrien aufzuheben. Spürbar war die Verwunderung wie die Freude in den Straßen der Hauptstadt.

Zu Hunderten strömten Syrer und Syrerinnen zum Hauptplatz Umayyad im Westen der Stadt, schwenkten die neue syrische Flagge mit den drei roten Sternen, ließen die Lampen ihrer Handys in den dunklen Alleen leuchten wie ein Meer aus Glühwürmchen, hupten aus den Wagen im Stau, sangen patriotische Lieder. „Inta suri hor“, du bist ein freier Syrer, hallte immer wieder über den Verkehrskreisel vorm Platz.

„Ich, als Syrer, fühle mich jetzt wirklich frei. Ein freier Mann, der den Duft der Freiheit wieder einatmen kann. Ich bin zutiefst berührt“, sagt der 47-jährige Wissam Joumaa aus Damaskus begeistert. „Ich bin mit den Sanktionen aufgewachsen. Ich erinnere mich an die 80er Jahre, als viele ausländische Produkte fehlten, Medikamente etwa. Nach 2011 war die Lage noch schlimmer.“

Sanktionen haben in Syrien eine lange Geschichte, bereits Ende der 70er Jahre haben die USA das Land wegen seiner Unterstützung der Hisbollah auf die Terrorliste gesetzt. Nach Beginn des Bürgerkriegs 2011, als die Menschenrechtsverletzungen durch das Regime Assads ans Licht kamen, haben die USA weitere Sanktionen verabschiedet.

Sanktionen trafen die Bevölkerung hart

Eigentlich sollten sie die autokratische Regierung Assads schwächen, doch trafen sie die Bevölkerung hart. So ist Syrien aus vielen internationalen Transaktions- und Banksystemen ausgeschlossen, Visa-Kreditkarten funktionieren dort nicht, Versandhändler wie Amazon liefern nicht nach Syrien, der Export vieler Produkte, beispielsweise im Energiebereich, war lange verboten. Dies hat die Preise vieler Konsumgüter erhöht und zu einem Mangel an Medikamenten und Treibstoff geführt. Westliche Investitionen waren bislang kaum möglich, Hilfsorganisationen beklagten Schwierigkeiten, ihr Alltagsgeschäft am Leben zu halten.

Nach dem Sturz Assads am 8. Dezember kam eine Rebellenkoalition an die Macht, die von der ehemaligen islamistischen Gruppe Hayat Tahrir al-Scham angeführt wurde. Diese stand wie ihr Anführer und jetziger Präsident Syriens, Ahmed al-Scharaa, auf der Terrorliste sowohl der USA als auch der EU. Al-Scharaa plädiert seit Monaten für eine Aufhebung der Strafmaßnahmen. In seinen Reden beteuert er immer wieder, man habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und wolle nun in Frieden leben.

Am Dienstag hat Trump tatsächlich angekündigt, alle US-Sanktionen, die noch in Kraft sind, zu streichen. „Ich werde die Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien anordnen, damit sie eine Chance haben, großartig zu werden. Es ist ihre Zeit gekommen, zu glänzen“, sagte er vor einem Investitionsforum in der saudischen Hauptstadt Riad. Die Entscheidung sei nach Gesprächen mit dem türkischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan und dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman gefallen.

Gewaltspirale könnte durchbrochen werden

Be­ob­ach­te­r*in­nen erwarten, dass dies der syrischen Regierung hilft, die kriegszerrüttete Infrastruktur des Landes wieder aufzubauen. Auch sollten Investitionen in Syrien angekurbelt und die Arbeit von humanitären NGOs erleichtert werden. Laut Senior-Analyst Nawaar Hawach, der für den Thinktank International Crisis Group arbeitet, ist dies „ein großer Schritt hin zur wirtschaftlichen Erholung des Landes“.

Und das könnte ebenso dazu beitragen, die Gewaltspirale durchzubrechen. „Viele Menschen werden durch Armut in die Arme von extremistischen, bewaffneten Gruppen getrieben. Das könnte die Dynamik im Lande ändern.“ Syriens Außenminister Asaad al-Schibani schrieb auf X, „wir teilen diesen Erfolg mit unserem syrischen Volk, das sich selbst geopfert hat, um Syrien seinen rechtmäßigen Platz zurückzugeben“. Er bedankte sich bei bin Salman und Trump und pries die saudische Diplomatie. Jetzt beginne ein neues Kapitel für Syrien.

Am Mittwoch traf sich Trump dann mit al-Sharaa. Es ist das erste Meeting zwischen einem US- und einem syrischen Präsidenten in 25 Jahren. Dabei forderte Trump laut der Sprecherin des Weißen Hauses al-Scharaa auf, den Abraham-Abkommen beizutreten. Diese sehen eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten vor. Al-Scharaa soll geantwortet haben, man halte an dem Abkopplungsabkommen 1974 fest.

Das Abkommen regelt die Waffenruhe sowie die Pufferzone zwischen Syrien und Israel, ist aber kein Friedensvertrag. Israel hält derzeit die Golanhöhen besetzt und ist nach dem Sturz Assads in weitere Gebiete Syriens einmarschiert. Auch hat das Land seitdem mehrere hundert Stellungen, meistens ehemalige militärische Posten, in Syrien gebombt. Trump ist am Mittwoch weiter nach Katar geflogen. Am Donnerstag will er in die Vereinigten Arabischen Emirate reisen.

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