Der Dritte Weg in Berlin: Neonazi-Aufmarsch endet mit Festnahmen

Berlin taz | Etwa 250 Neonazis der Kleinstpartei Der Dritte Weg sind am Samstagnachmittag durch Berlin-Hellersdorf gezogen. Kader aus nahezu dem gesamten Bundesgebiet waren angereist sowie einige Neonazis aus Dänemark.

Laut Polizei Berlin kam es im Verlauf der Demonstration zu 20 Festnahmen im Zusammenhang mit der Versammlung. Grund dafür waren Hitlergrüße, Landfriedensbruch und Angriffe auf Polizist:innen. Polizeisprecher Florian Nath sprach am Abend von „erheblichen Gewalttätigkeiten“ gegen Polizeikräfte. Auch Jour­na­lis­t:in­nen sollen angegriffen worden sein.

Anlass der braunen Zusammenkunft unter dem Slogan „Unsere Alternative heißt Revolution“ war das zehnjährige Bestehen des sogenannten „Stützpunkt Berlin-Brandenburg“. Öffentlich mobilisiert hatte der Dritte Weg nicht. Bekannt geworden war der Aufmarsch erst wenige Tage zuvor.

Die rechtsextremen Kader, viele davon mit gestriegelter Scheitelfrisur, präsentierten sich gewohnt NS-glorifizierend. So skandierten sie etwa „Berlin erwache“, eine Abwandlung der verbotenen NSDAP-Parole „Deutschland erwache“. In einer Rede von Julian Bender, Parteichef für Nordrhein-Westfalen, hieß es unter Bezug auf das Ende der NS-Herrschaft in faschistischem Duktus: Die „Nationalrevolutionären“ stünden, „um etwas Neues zu schaffen“, zum „Abriss bereit“.

Mehrere Hundert Ge­gen­de­mons­tran­t:in­nen

Trotz kurzfristiger Mobilisierung gab es rund um die Aufzugstrecke Gegenproteste. Zu diesen hatten verschiedene Gruppen aufgerufen, etwa die örtliche „Jugend Antifa Platte“ und die Linksfraktion des Bezirks. Rund 300 Gegendemonstrierende zählte die Polizei Berlin. Die Einsatzkräfte hielten die beiden Lager getrennt.

Bei der Kundgebung auf dem Alice-Salomon-Platz versammelten sich nach taz-Schätzungen etwas mehr als 100 Menschen. Ein antifaschistischer Protestzug mit mehr als 200 Teil­neh­me­r:in­nen zog vom Cottbusser Platz durch Hellersdorf. „Der III. Weg wird euer letzter sein“ und „Antifa bleibt Handarbeit“ war auf Bannern zu lesen. Wiederholt traf der Neonazi-Aufmarsch auf Protest einzelner Gruppen vom Gehweg aus. Auch An­woh­ne­r:in­nen ärgerten sich über das rechte Treiben. „Verpisst euch“, rief einer. Dann flog ein Ei, traf das Ziel jedoch nicht.

Doch warum wählte der Dritte Weg ausgerechnet Marzahn-Hellersdorf für den Aufmarsch? „Viele ältere Neonazis sind schon lange im Bezirk aktiv und versuchen, eine Dominanz auf der Straße herzustellen“, sagt Anne Schönfeld vom örtlichen Register, einer Meldestelle für rechte Vorfälle. In Marzahn-Hellersdorf seien berlinweit die meisten Aktivitäten der Neonazipartei zu verzeichnen.

Der Dritte Weg versuche dort gezielt, Jugendliche zu gewinnen. Zwar könnte dieser nur vereinzelt neue Mitglieder rekrutieren, allerdings stoße die Kleinstpartei bei jugendlichen Neonazis aus neuen Gruppierungen wie „Deutsche Jugend voran“ und „Jung und stark“ teils auf Sympathie, so Schönfeld.

Erst eine Woche zuvor hatten in Berlin-Friedrichshain rund 850 Neonazis demonstriert. Der Dritte Weg hat zuletzt im Oktober 2020 zu einem Aufmarsch in Berlin-Lichtenberg aufgerufen, damals kamen rund 100 Neonazis. Etwa 2.000 Menschen beteiligten sich an Gegenprotesten. Mitglieder der Jugendorganisation des Dritten Weg, der „Nationalrevolutionären Jugend“ (NRJ), sollen auch an einem brutalen Angriff auf antifaschistische Ak­ti­vis­t:in­nen am Berliner Ostkreuz im Juli vergangenen Jahres beteiligt gewesen sein.

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