Erfolgreicher Antifa-Protest: Que(e)rstellen gegen rechten Spuk

Berlin taz | „Wo gibt’s denn hier noch Nazis in Deutschland?“, empörte sich eine ältere Frau mit einem blauen Friedenstauben-Pappschild im Fahrradkorb, als sie am Samstag die antifaschistische Kundgebung an der Rathausstraße in Mitte passierte. Dazu brauchte sie doch bloß auf die andere Seite des Roten Rathauses zu gehen: Dort versammelten sich rund 300 Neonazis und Quer­den­ke­r*in­nen zum Aufmarsch des neuen Bündnisses „Gemeinsam für Deutschland“, das an diesem 26. April zeitgleich in allen 16 Bundesländern demonstrieren wollte.

Der Aufmarsch, zu dem eigentlich 3.500 Menschen angemeldet waren, forderte Grenzkontrollen, Meinungsfreiheit, Bevölkerungsschutz usw. Doch die Teilnehmer*innen, laut dem ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Robert Farle „alles vernünftige Menschen“, waren überwiegend organisierte Jungnazis. Das Bündnis war bereits zwei Monate zuvor weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit durch Mitte gezogen. Während damals blaue Fahnen mit Friedenstauben dominierten, waren diesmal vor allem Deutschlandfahnen zu sehen.

Unter dem Motto „Que(e)rstellen“ protestierten etwa 500 Menschen mit „Alerta Antifascista“-Rufen lautstark gegen den rechten Spuk. Die Polizei war mit 500 Be­am­t*in­nen im Einsatz und ließ wenig anbrennen.

Die Demoroute war weiträumig mit Polizeigittern abgesperrt und nachdem sich der rechte Aufmarsch in Bewegung gesetzt hatte, verlief die antifaschistische Demo außer Hör- und Sichtweite der Nazis zum Potsdamer Platz.

Nach 700 Metern wurde die Nazidemo gestoppt

Angeführt von einigen Jungnazis mit Ordner-Armbinde folgten rund 200 junge, aktionsorientierte Rechtsextreme, sie trugen Shirts mit der Aufschrift „Deutsche Jungs“ oder „Ruhm und Ehre“, zeigten den White-Power-Gruß und laut Polizeiangaben auch den Hitlergruß und riefen aggressive Parolen. Dahinter trotteten 80–100 ältere Rechte, Querdenker*innen, orthodoxe Frie­dens­freun­d*in­nen und etwas verwahrlost wirkende Deutschtümler. Auch die empörte ältere Frau mit ihrer AfD-blauen Papptaube war dabei.

Doch nach gerade einmal 700 Metern wurde die Nazidemo gestoppt; am Spittelmarkt war es zunächst 20 jungen Antifas gelungen, sich direkt an die Demoroute zu setzen. Nach und nach versammelten sich hier rund 100 Antifaschist*innen, umgeben von etwa ebenso vielen behelmten Polizist*innen. Nach einem weiteren Blockadeversuch wurde die Polizei rabiat, Polizeihunde tauchten plötzlich auf, es gab Festnahmen und mindestens einen verletzten Demonstranten. Insgesamt meldete die Polizei 32 Festnahmen auf beiden Seiten.

Anschließend setzte sich der rechte Aufmarsch wieder in Bewegung, die Nazis gebärdeten sich zunehmend aggressiv gegen die nur noch wenigen Dutzend Antifas, die den Zug begleiteten, die meisten waren unterwegs von Polizeiketten abgedrängt worden.

Doch am Leipziger Platz war für die Nazis ihr Aufmarsch zu Ende, ihnen wurde es verwehrt, wieder zurück zum Ausgangsort zu marschieren. Während die Teil­neh­me­r*in­nen der Gegenkundgebung am Potsdamer Platz noch „Nazis raus“ riefen, befanden sich diese schon im U-Bahnhof.

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