Erneuerbare Energien: Die bizarre Aversion der AfD

Berlin taz | Die Korrektur folgte auf den Fuß: Frontfrau Alice Weidel hatte beim Parteitag der AfD angekündigt, Windräder würden abgerissen, wenn ihre Partei an die Macht komme. Schon kurz danach ruderte sie zurück: Das gelte nicht für alle Anlagen, sondern nur jene, die im hessischen Reinhardswald errichtet würden.

Die Botschaft ist auch so angekommen. Windkraft ist nicht nur, aber gerade für extrem Rechte eines der größten Hassobjekte – weil sie für die Abkehr vom Fossilen und ökologische Modernität steht. Generell nimmt das Thema „Natur“ eine wichtige Rolle in rechten Kreisen ein, erkennbar etwa am bekannten Slogan „Umweltschutz ist Heimatschutz“.

Völkisch-ethnoplurale Denkweisen von Geschlecht oder Volkszugehörigkeit finden sich unmittelbar im rechtsextremen Verständnis von „Natur“ wieder, sagt die Sozialwissenschaftlerin Lea Lochau von Amadeu Antonio Stiftung. „Windräder symbolisieren einen Eingriff in die natürliche Ordnung“, erklärt sie. Dass der Wegfall von Windenergie schwerwiegende Schäden verursacht, wird allerdings von niemandem in der AfD erwähnt.

Hintergrund von Weidels Attacke: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den Ausbau der Windkraft massiv vorangetrieben. Sie ist ein zentraler Bestandteil der Energiewende weg von Fossilen zu Erneuerbaren. Nach Angaben der Bundesnetzagentur lag der Anteil der Windenergie an der deutschen Stromerzeugung im Jahr 2024 bei 31,87 Prozent. Das ist nicht einfach zu ersetzen. Sollten die Windenergiekapazitäten für die Stromerzeugung wegfallen, dürfte das zu einer „substanziellen Verknappung der Energiebereitstellung“ führen, sagt Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie. Ein ruckartiger Verlust würde also die Versorgung sowohl der Bür­ge­r:in­nen als auch der Industrie gefährden.

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Windenergie in Gefahr

In Deutschland gibt es rund 29.000 Windenergieanlagen mit sehr unterschiedlichen Eigentümer:innen. Sollen die Anlagen per Gesetz niedergerissen werden, müssten die Be­sit­ze­r:in­nen erst einmal enteignet werden. „Das würde einen Eingriff in die Eigentumsgarantie im Grundgesetz darstellen“, betont Axthelm. Die Branche sichert 100.000 Arbeitsplätze, Tendenz steigend.

In Gefahr ist die Energiewende nicht nur durch das Abreißen von Windrädern, sondern auch durch ein Stocken des weiteren Ausbaus wie ihn die jetzige Bundesregierung plant. Bis 2030 will die Bundesregierung die Windstrom-Kapazitäten im Vergleich zu 2023 verdoppeln, auch um die Strompreise zu stabilisieren.

Kommende Bundesregierungen können Windräder – zumindest nicht ohne langwierige Enteigungsverfahren – zwar nicht einfach abreißen lassen. Aber sie könnten die Ausbauziele untergraben, warnt die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Wirtschaftsinstitut (DIW) Berlin. „Bei den Erneuerbaren haben wir keinen echten Markt, sondern einen regulierten“, sagt sie. „Das macht es Gegnern der Erneuerbaren leichter, den Ausbau zu blockieren.“

So könnten Gegner die Rahmenbedingungen so verschlechtern, dass der Ausbau stockt. Der Staat entscheidet zum Beispiel über Ausschreibungen, welche Kapazitäten in den Markt kommen. Werden sie gesenkt, kommt der Ausbau nicht voran. Vorschriften und bürokratische Vorgaben können die Errichtung neuer Windräder hemmen – oder fördern, wenn sie wie in der jüngeren Vergangenheit abgebaut werden. Auch die Bereitstellung von Flächen ist eine wichtige Stellschraube.

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