Friedensverhandlungen in Istanbul: Viel heiße Luft

Berlin taz | 1.000 ukrainische Kriegsgefangene sollen gegen 1.000 russische ausgetauscht werden und das zeitnah. Zumindest auf diese Vereinbarung konnten sich die Delegationen aus Kyjiw und Moskau bei ihren ersten direkten Gesprächen seit über drei Jahren am Freitag in Istanbul verständigen.

Der Verhandlungsführer der russischen Seite, Wladimir Medinski, Berater von Kremlchef Wladimir Putin sowie dessen wichtigster Geschichtsideologe, teilte mit, dass man sich auf dieses „Format“ geeinigt habe. Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow sagte, es gebe ein genaues Datum für diesen Austausch, wollte dieses vor Journalisten jedoch nicht nennen. Sollte dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt werden, wäre das der größte Gefangenenaustausch seit dem Beginn von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine am 24. Februar 2022.

Ansonsten waren die Ergebnisse der knapp zweistündigen Verhandlungen in Anwesenheit eines Dolmetschers eher dürftig. Dennoch zeigte sich die russische Seite zufrieden. Laut Medinski sei zudem eine Übereinkunft erzielt worden, über etwaige Vorstellungen von einem Waffenstillstand im Gespräch zu bleiben.

„Wir haben vereinbart, dass jede Seite ihre Vision eines möglichen zukünftigen Waffenstillstands vorstellt und detailliert darlegt. Danach glaube man – auch das sei vereinbart worden, dass es angebracht sei, die Verhandlungen fortzusetzen. Die Forderungen Kyjiws, die Präsidenten beider Staaten sollten direkt miteinander verhandeln, nehme man zur Kenntnis. Moskau sei bereit, die Gespräche fortzusetzen, sagte Medinski.

Teilnahme abgesagt

Das Zusammentreffen – eine Reaktion auf die Forderung Kyjiws nach einer sofortigen 30tägigen Waffenruhe – hatte Putin am vergangenen Wochenende vorgeschlagen. Nachdem kurz vorher klar wurde, dass er den Gesprächen fern bleiben würde, hatte auch Wolodymyr Selenskiy seine Teilnahme abgesagt und sich stattdessen auf ein Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdoğan in Ankara beschränkt.

Insgesamt hatten die Gespräche knapp zwei Stunden gedauert. Zu Beginn war laut Medienberichten auch der türkische Außenminister Hakan Fidan anwesend. Die russisch-ukrainischen Gespräche in Istanbul eröffneten die Möglichkeit für eine friedliche Regulierung des Konfliktes. Derzeit gebe es zwei Wege. Der erste führe zu einem Frieden, der zweite zu noch größeren Zerstörungen“, sagte Fidan.

Später berichteten russische Agenturen, dass sich Moskaus Emissäre gegen die Anwesenheit von Vertretern der USA ausgesprochen hätten. Zudem meldete die Nachrichtenagentur Reuters unter Verweis auf eine ukrainische diplomatische Quelle, dass die russische Seite als Vorbedingung für einen Waffenstillstand unannehmbare Forderungen gestellt habe.

Die gleichen russischen Forderungen seit 2022

Konkret geht es darum, dass Kyjiw seine Truppen aus den vier Gebieten Saporischschja, Cherson, Donezk und Luhansk abzieht, die russische Truppen bis heute nur teilweise kontrollieren. Diese Forderung erhebt der Kreml bereits seit 2022.

Der britische Economist berichtet unter Verweis auf eine gut informierte Quelle, dass Medinski der ukrainischen Delegation gedroht haben soll. „Wir wollen keinen Krieg, aber wir sind bereit, ein, zwei, drei Jahre zu kämpfen – wie lange es auch dauern mag. Wir haben 21 Jahre lang mit Schweden gekämpft. Wie lange sind Sie bereit zu kämpfen? Vielleicht verliert jemand, der an diesem Tisch sitzt, noch mehr seiner Lieben. Russland ist bereit, für immer zu kämpfen“, soll Medinski gesagt haben.

Unterdessen hat Papst Leo XIV. das Angebot unterbreitet, den Vatikan möglicherweise für ein direktes Treffen zwischen der ukrainischen und russischen Seite zur Verfügung zu stellen. Das teilte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin mit. „Er wird weiterhin, wie schon oft seit Beginn seines Pontifikats, ein Ende des Krieges fordern. Wir sind weiterhin bereit, auch Plätze anzubieten. Gespräche über eine Vermittlung sind möglicherweise überflüssig, aber wir sind zumindest bereit, unsere guten Dienste anzubieten, um Treffen zu ermöglichen“, sagte er.

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