Krieg in der DR Kongo: Ein unerwarteter Friedensschluss und bleibende Zweifel

Kampala taz | Fast ungläubig blickt die Nachrichtensprecherin immer wieder auf die Erklärung, die sie in den Abendnachrichten im kongolesischen Staatsfernsehen (RTNC) vorliest. Von einem Waffenstillstand ist darin die Rede und dass sich beide Kriegsparteien in einem „Geist des gegenseitigen Verständnisses“ sich „gegenseitig versichern“, dass sie ihr „Engagement respektieren“ und einen „konstruktiven Dialog eingehen“, um den „Konflikt zu beenden“. Was noch vor wenigen Tagen als unmöglich betrachtet wurde, ist nun doch geschehen. Die Kriegsparteien in der Demokratischen Republik Kongo haben am Mittwoch im entfernten Golfstaat Katar eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, die den Weg zum Friede öffnen soll.

Fast gleichzeitig veröffentlichten sowohl Kongos Regierung als auch die Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März) die Erklärung über ihre jeweiligen Kanäle. Beide Seiten betonen, dass die Gespräche in Katars Hauptstadt Doha „offen und konstruktiv“ vonstattengegangen seien. Als „historisch“ bezeichnet die M23 diesen Schritt auf der Onlineplattform X.

Vertreter des für seine Vermittlerrolle in verschiedenen Konflikten bekannten Golfstaates hatten sich vor einem Monat überraschend als Unterhändler angeboten. Zuvor waren Friedensverhandlungen auf verschiedenen Ebenen im Sande verlaufen. Zur Unterzeichnung eines Friedensabkommens Ende November 2024 in Angola war Ruandas Präsident Paul Kagame erst gar nicht aufgetaucht.

Laut UN-Ermittlern wird die M23-Rebellenorganisation von Ruanda unterstützt. Deswegen hatte Kongos Präsident Félix Tshisekedi stets darauf bestanden, mit Ruandas Präsident Kagame zu verhandeln. „Solange ich Präsident bin, werde ich niemals einem M23-Vertreter in die Augen blicken“, hatte er noch im vergangenen Jahr betont. Kagame wiederum besteht darauf, dass der Konflikt ein innerkongolesisches Problem sei.

Die Minen im M23-Gebiet sind ein großer Steuerzahler

Ganz überraschend hatten sich dann Kagame und Tshisekedi Ende März in Doha eingefunden – und dort entschieden, dass es tatsächlich direkte Gespräche mit der M23 geben werde. Die M23-Delegation stieg kurz darauf ins Flugzeug. Beide Seiten vereinbarten, über den Inhalt der Verhandlungen Stillschweigen zu bewahren. Über die Details ist deswegen nur wenig bekannt.

Laut taz-Informationen haben die Rebellen eine Liste von fast 700 politischen Gefangenen vorgelegt, deren Freilassung sie als Bedingung zugrunde legten. Im Gegenzug hatten sie angeboten, sich aus der wirtschaftlich wichtigen Minenstadt Walikale im Ostkongo, die sie im März eingenommen hatten, wieder zurückzuziehen. In den Minen rund um Walikale hat die kanadische Firma Alphamin eine Konzession zum Abbau von Zinn. Sie ist der größte Steuerzahler in der Provinz Nord Kivu.

Die Freilassung von 700 politischen Gefangenen hatte die Regierungsseite zu Beginn der Woche abgelehnt. Daraufhin rückten die M23-Kämpfer in den vergangenen Tagen erneut auf Walikale zu. Bis Mittwochnachmittag wurde rund um Walikale gekämpft – von einem Waffenstillstand war nicht ein Hauch zu erahnen. Erst als am Abend dann die Nachrichtensprecherin die Erklärung vorlas, schwiegen die Waffen.

Ob dies nun der entscheidende Wendepunkt nach fast drei Jahren Krieg mit mehreren Tausend Toten und über vier Millionen Binnenvertriebenen ist, bleibt noch offen. Die M23-Rebellen haben derzeit die Oberhand. Sie haben seit Beginn des Jahres entlang der Grenze zum Nachbarland Ruanda einen großen Landstrich inklusive zweier Millionenmetropolen eingenommen. Dort errichten sie nun einen Staat im Staat, wo sie Steuern von der Bevölkerung einziehen.

Ist am Ende doch alles nur Taktik der M23-Rebellen?

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Die Rebellen legten eine Liste von fast 700 politischen Gefangenen vor, deren Freilassung Bedingung ist

Ende 2023 formierten sie mit ehemaligen Politikern aus der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa die Allianz AFC (Allianz des Kongo-Flusses), unter dem Vorsitz von Corneille Nangaa. Der war einmal Chef von Kongos Wahlkommission, und ernannte Ende 2018 Tshisekedi zum Präsidenten – obwohl der die Wahl gar nicht gewonnen hatte. Seitdem schließen sich immer mehr Politiker dem Bündnis an.

Vergangene Woche traf Kongos Ex-Präsident Joseph Kabila im Landesosten ein. Sollte sich Kabila dem AFC anschließen, würden möglicherweise auch seine ihm loyalen Kommandeure aus Kongos Armee zur AFC/M23 überlaufen. Aus M23-Kreisen hört man immer wieder: Verhandlungen seien gar keine Option – sondern der Sturz der Regierung in Kinshasa wird als Ziel betrachtet. Womöglich sind sämtliche Friedensgespräche also ohnehin nur reine Taktik, um Zeit zu gewinnen.

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