Lieblingsklub vom Papst nimmt Abschied: Feuerwerk in den Vatikanfarben

Ein rauschendes Fußballfest für Franziskus sollte es werden, und alles war angerichtet: Bei strahlendem Herbst-Sonnenschein empfing Titelanwärter San Lorenzo de Almagro, einer der fünf großen Hauptstadtvereine, den Tabellenführer Rosario Central. Das Stadion Nuevo Gasómetro im Papst-Viertel Flores (Einweihungsjahr 1993) war restlos ausverkauft, die Messen in Rom und in der heimischen Kathedrale gelesen. Auch die bunte Prozession zur Pfarrkirche der Jungfrau der Wunder von Caacupé im Armenviertel 21-24 hatte ein angemessen feierliches Ende gefunden.

Vor Spielbeginn dann die Hommage an Ehrenmitglied Jorge Mario Bergoglio. Im Fanblock ganz links von Haupttribüne entfalteten die „Raben“-Anhänger ein riesiges Transparent mit dem Konterfei des verblichenen Pontifex neben dem rot-blauen Vereinswappen und den zwei klassischen Franziskus-Zitaten „Wirbelt herum“ und „Möge San Lorenzo gewinnen“.

Im ganzen Stadion wurden gelb-weiße Vatikanfahnen geschwenkt, auf der Gegentribüne waren von oben bis unten gelb-weiße Bänder aufgespannt. Auch ein gelb-weißes Feuerwerk durfte nicht fehlen, minutenlang waberten die Rauchschwaden über das Spielfeld. Als sich schließlich beide Mannschaften gegenüberstanden, hielten die Kapitäne Iker Muniain (San Lorenzo) und Jorge Broun von Central ein Franziskus-Transparent hoch und zeigten es unter Riesenapplaus in die vier Himmelsrichtungen.

Zuvor und auch während der Partie gab es weniger freundliche Sprechchöre: „Moretti, Hurensohn“ und immer wieder: „Alle sollen sie abhauen“. Adressaten waren Vereinspräsident Marcelo Moretti und seine Spießgesellen in der Klubleitung. Denn am vergangenen Montag schickte der noch nicht einmal anderthalb Jahre lang amtierende Moretti einen offenen Brief an die spanische Sportzeitung Marca. Darin berichtete er stolz, wie er im vergangenen September als „institutioneller Vertreter“ im Vatikan empfangen wurde. „Ich brachte ihm viele Geschenke mit und bat ihn um die Erlaubnis, dass unser neues Stadion den Namen Papa Francisco tragen darf.“ Voller Rührung habe der Papst zugestimmt.

Eine heikle Spende

Allerdings ist die Arena bisher ein frommes Versprechen: Zwar kaufte San Lorenzo vor sechs Jahren das Gelände im Viertel Boedo, aber seither ist nichts passiert. Kurz nachdem Moretti mehrere Interviews in der Sache Stadiontaufe gegeben hatte, war eine erneute Reise nach Rom Makulatur und sein Karriereende absehbar: Auf einem heimlich aufgenommenen und gezielt lancierten Video nimmt er eine „Spende“ von 25.000 US-Dollar entgegen. Die Frau, so hieß es bald in den Medien, habe ihrem Sohn einen Platz in der Nachwuchsabteilung des Vereins sichern wollen.

Außerdem sei sie die wichtigste Beraterin eines Medienunternehmers, der in Uruguay unter Hausarrest steht, weil er dort Geld gewaschen haben soll. Seitdem fordern die Fans, darunter Hollywoodstar Viggo Mortensen, Morettis Rücktritt. „Bitte geh, für das Wohl von San Lorenzo und seinen Fans“, schrieb Mortensen, „du hast schon genug Unheil angerichtet, seitdem du gewählt wurdest, um dich um den Verein zu kümmern.“ Dass es mit der Korruption bald ein Ende haben werde, glaubt Ignacio Arístegui nicht. Und ob er den Stadionbau noch erleben werde, stehe in den Sternen, meint der Mittfünfziger aus dem Raben-Fanblock. Die Umtriebe bei San Lorenzo gäben genug Material her für einen Roman von Osvaldo Soriano, einem weiteren prominenten Vereinsmitglied. Vor dem Stadion steht ein großes Dankmal des Schriftstellers.

Die Anekdoten von Franziskus und San Lorenzo könnten ein weiteres Buch füllen. In der Kapelle, wo letzte Woche eine Ehrenmesse gelesen wurde, sollen sich seine Eltern kennengelernt haben. Seine Mitgliedsnummer 88.235 erhielt der fußballverrückte Pontifex 2014. Im selben Jahr gewann der Verein den Libertadores-Pokal. Und nach offizieller Mitteilung des Vatikans starb der berühmteste Fan von San Lorenzo am Ostermontag im Alter von 88 Jahren – um 2.35 Uhr argentinischer Zeit.

Für welche Wunder Franziskus bald heiliggesprochen wird, ist noch unklar. Der Sieg im Libertadores-Finale gehört dazu, meint Arístegui, vielleicht auch ein Titelgewinn in diesem Jahr, der in Gesängen immer wieder beschworen wurde. Das geplante Freudenfest vor der Heimatkirche Bergoglios in Flores musste indes ausfallen. In der vorletzten Minute gelang Rosario Central das einzige Tor in einer mittelmäßigen Partie.

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