Manifest der SPD-Linken: Kritik ist kein Verrat

G ewiss kann man an dem friedenspolitischen Manifest der letzten SPD-Linken einiges kritisieren. Die Verurteilung des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine klingt recht pflichtschuldig. Die Idee, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgerechnet bei Cybersicherheit kooperieren zu wollen, wirkt nicht sonderlich durchdacht. Europa muss, wenn es strategisch unabhängig von den USA und militärisch nicht erpressbar durch Russland sein will, aufrüsten.

Das sehen auch die Manifest-Autoren, schlängeln sich aber um die Frage, wie viel Aufrüstung nötig ist, herum. Aber mehr noch als ein paar Ungereimtheiten in dem Manifest des Erhard-Eppler-Kreises irritiert das wutbebende Echo. Der grüne Außenpolitiker Robin Wagener unterstellt Ralf Stegner und Rolf Mützenich, russische Propaganda nachzuplappern und einen Angriffskrieg zu legitimieren. Warum? Weil in dem Manifest steht, dass der Kosovokrieg auch kein Beitrag zur Stützung des Völkerrechts war.

Kritik am Kosovokrieg in die Nähe von Feindpropaganda zu rücken, zeigt, wie toxisch der Ton der Debatte geworden ist: Wer nicht für uns ist, muss die fünfte Kolonne Moskaus sein. Solche Freund-Feind-Zuschreibungen sind gefährlich, weil sie die Debatte extrem verengen. Der öffentliche Diskurs in Deutschland über zentrale Fragen wie Aufrüstung, Krieg, Frieden, Diplomatie ist vergiftet.

Man muss die Argumente des Eppler-Kreises nicht teilen, aber sie sind vernünftig formuliert, diskutabel und kein Grund, die Staatsraison in Gefahr oder Verrat am Werk zu sehen. Das Manifest ist keine Rechtfertigung von Putins Angriffskrieg. Es ist kein Aufruf sich Putin in die Arme zu werfen. Die SPD-Linken fordern die Aufrüstung der Bundeswehr. Aber keine maßlose. Und sie stellen eine richtige, nötige Frage: Was kommt nach der Aufrüstung?

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Die Rüstungsspirale aufbrechen

Der Nato-Doppelbeschluss 1979, übrigens ein Gründungsmotiv der Grünen, enthielt, wie der Name schon sagt, zweierlei: die Drohung mit Pershings aufzurüsten und das Angebot an Moskau abzurüsten. Die SPD-Linken fordern etwas Ähnliches: nämlich, Aufrüstung mit Abrüstungsangeboten zu verbinden. Eine Rüstungsspirale in Europa kann ja kein Ziel sein. Ein waffenstarrendes Europa ist noch kein Garant für Sicherheit. Natürlich spricht sehr wenig dafür, dass mit Moskau Abrüstungsverhandlungen möglich sind. Aber das galt im Kalten Krieg auch lange.

Dieses Manifest ist schon deshalb nützlich, weil es wie eine Sonde blinde Flecken der Debatte bloßlegt. Es lohnt, über eine Bundeswehr nachzudenken, die strukturell nichtangriffsfähig ist. Beängstigend ist es, wenn alles, was der neudeutschen Entschlossenheit und dem aufblühenden Stolz auf die „größte konventionelle Armee Europas“ (Friedrich Merz) entgegensteht, einfach niedergewalzt wird.

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