
Erstes US-russisches Treffen in Riad
Ohne Beteiligung der Ukraine und ihrer europäischen Unterstützer haben die Chefdiplomaten der USA und Russlands an diesem Dienstag direkte Verhandlungen in Saudi-Arabien begonnen. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine dürfte das erste Treffen des neuen US-Außenministers Marco Rubio mit seinem erfahrenen russischen Gegenpart Sergej Lawrow dominieren. Während Rubio vom US-Sondergesandten Steve Witkoff und dem Nationalen Sicherheitsberater Mike Waltz begleitet wird, reiste Lawrow mit Juri Uschakow an – dem außenpolitischen Berater von Kremlchef Wladimir Putin.
„Die Hauptsache ist es, eine reale Normalisierung der Beziehungen zwischen uns und Washington zu erreichen“, sagte Uschakow dem russischen Staatsfernsehen bei der Ankunft auf dem Flughafen von Riad. Zu den Verhandlungspositionen wollte er sich nicht äußern. Laut Kreml geht es bei den Gesprächen auch um die Vorbereitung eines möglichen Treffens Putins mit US-Präsident Donald Trump in Saudi-Arabien. Rubios Tross traf vor der russischen Delegation in dem Golfstaat ein.
Zwar plant auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dieser Tage eine Reise nach Saudi-Arabien. Über das Treffen der US-Amerikaner mit den Russen sei er aber nicht vorab unterrichtet worden und er werde auch nicht daran teilnehmen, sagte er bei einem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Er werde keine Vereinbarungen anerkennen, die in „Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine“ erzielt würden, betonte Selenskyj laut der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine bei einer Pressekonferenz in Abu Dhabi. Russland und die USA könnten aber natürlich bilaterale Probleme besprechen. (dpa)
Neuling Rubio trifft auf Routinier Lawrow
Marco Rubio hatte vergangenes Jahr im US-Senat gegen ein Milliarden-Hilfspaket zur Unterstützung der Ukraine gestimmt. Er ist außenpolitisch weit weniger profiliert als Lawrow, der Putins Außenpolitik seit mehr als 20 Jahren als Minister auf der Weltbühne vertritt und seine diplomatische Laufbahn schon in den 70er Jahren begann.
Rubio sagte erst kürzlich über Trump, er sei ein „Geschäftsmann, der mit Politik zu tun hat, kein Politiker“. Auch wegen dieser Herangehensweise wird in Kyjiw befürchtet, dass Trumps Regierung einen Frieden zu für die USA vorteilhaften Bedingungen durchsetzen will, die für die Ukraine völlig inakzeptabel sind. Schon jetzt kontrolliert Russland einschließlich der bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim fast ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, bekräftigte die Position Kyjiws, dass über den Kopf der Ukraine hinweg zwischen den USA und Russland getroffene Vereinbarungen niemals akzeptiert würden. „Frieden ist kein Deal; Frieden muss erkämpft und dann auch verteidigt werden, und zwar von uns gemeinsam“, sagte er in einem Podcast des Magazins Politico. Makeiev plädierte für ein stärkeres europäisches Militär, einen Ausbau der Rüstungsproduktion und eine einheitliche Verhandlungsposition der Ukraine und ihrer westlichen Verbündeten. „Wir brauchen keine Vermittler, wir brauchen Verbündete“, sagte der ukrainische Botschafter. (dpa)
Keine Entscheidungen bei Krisengipfel in Paris
Unter dem Eindruck des abrupten Kurswechsels der neuen US-Regierung hatten einige europäische Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und Nato auf Einladung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag Gespräche in Paris geführt. Der Krisengipfel wurde überschattet von Uneinigkeiten über die mögliche Entsendung von Friedenstruppen zum Absichern eines etwaigen Friedensabkommens zwischen Kyjiw und Moskau. Entscheidungen wurden bei den informellen Gesprächen nicht getroffen.
„Wir wollen einen starken und dauerhaften Frieden in der Ukraine“, erklärte Macron am Dienstag im Onlinedienst X nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Um dies zu erreichen, müsse Russland „seine Aggression beenden“. Dies müsse „mit starken und glaubwürdigen Sicherheitsgarantien für die Ukrainer einhergehen“.
Andernfalls bestehe die Gefahr, „dass dieser Waffenstillstand wie die Minsker Vereinbarungen endet“, erklärte Macron mit Bezug auf die von Deutschland und Frankreich vermittelten Abkommen von 2015, die den Konflikt in der Ostukraine beenden sollten.
Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Diskussion über Friedenstruppen als irritierend und völlig verfrüht. Er kritisierte, dass über die Köpfe der Ukrainer hinweg über mögliche Ergebnisse von Friedensgesprächen gesprochen werde, die noch gar nicht stattgefunden hätten. „Das ist höchst unangemessen, um es ganz offen und ehrlich zu sagen“, sagte Scholz. Es sei eine „unpassende Debatte zur falschen Zeit und über das falsche Thema“.
Damit stellte er sich unter anderem gegen den britischen Premierminister Keir Starmer und Gastgeber Macron. Starmer hatte sich kurz vor dem Treffen in Paris bereit gezeigt, nötigenfalls Soldaten in die Ukraine zu schicken. Auch Frankreich soll bereits vor längerer Zeit die Bereitschaft zur Entsendung von Truppen bekundet haben. Nato-Generalsekretär Mark Rutte erklärte nach dem Treffen, über Einzelheiten werde noch zu entscheiden sein. Europa sei jedoch „bereit und willens“, eine Führungsrolle beim Bereitstellen von Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu übernehmen und „viel mehr“ in die eigene Sicherheit zu investieren.
Eine knappe Mehrheit der Deutschen befürwortet einer Umfrage zufolge eine Beteiligung von Bundeswehrsoldaten an einem möglichen friedenssichernden Einsatz in der Ukraine. In einer Forsa-Befragung im Auftrag des Magazins Stern sprechen sich 49 Prozent für einen solchen Einsatz aus, 44 Prozent sind dagegen, 7 Prozent äußern sich nicht.
Macron telefonierte anschließend noch mit Selenskyj. „Wir haben eine gemeinsame Sichtweise: Es muss verlässliche, starke Sicherheitsgarantien geben“, schrieb Selenskyj danach bei Telegram. Andere Lösungen ohne Garantien, wie ein fragiler Waffenstillstand, wären nur das Vorspiel für einen neuen russischen Krieg gegen die Ukraine und andere Staaten in Europa, warnte er. (dpa/afp)







