

„Die Wanzen haben überwintert. Wir liquidieren die Finanzmaschinerie, die mit korrupten Dollar Politiker, Richter, Journalisten, Pseudo-Zivilorganisationen und politische Aktivisten gekauft hat. Wir werden die gesamte ‚Schattenarmee‘ vernichten“, sagte Orbán in seiner Rede vor dem ungarischen Nationalmuseum. Er kündigte zudem einen „großen Osterputz“ gegen politische Gegner an, ohne konkreter zu werden. Eine derartige Rhetorik kennt man vor allem aus Diktaturen, nicht aber vom Regierungschef eines EU-Lands.
Viele Beobachter interpretieren Orbáns zunehmend aggressive Rhetorik als Zeichen der Nervosität angesichts schwindender Unterstützung. Seine Ankündigung, gegen ausländisch finanzierte Organisationen vorzugehen, folgt einem Muster der Repression, wie man es vor allem aus Autokratien kennt. Orbán positionierte sich zudem einmal mehr als „Freiheitskämpfer“ gegen Brüssel und bekräftigte sein Nein zum EU-Beitritt der Ukraine. Er kündigte eine Volksbefragung zu zwölf Punkten an, darunter die Forderung nach einer „Union ohne die Ukraine“ und einem „Europa der Nationen“.
Die meisten ungarischen und internationalen Medien durften nicht vor Ort berichten, wie das ungarische Onlineportal Media1 berichtet. Dies ist besonders pikant, da der 15. März in Ungarn als „Tag der Freien Presse“ gilt. Das Kabinett des Ministerpräsidenten begründete das Verbot mit „Platzgründen“. Die Berichterstattung blieb weitgehend dem Staatsfernsehen vorbehalten, das längst unter der Kontrolle der Regierung steht. Während Orbáns Ansprache kam es zu Pfeifkonzerten und „Landesverräter“-Rufen. Die Polizei schritt gegen die Demonstranten ein.
Orbán-Kritiker erlangt Bekanntheit
Parallel dazu versammelte sich eine deutlich größere Menschenmenge zu einer Kundgebung unter dem Motto „Macht Euch bereit“, zu der Magyar aufgerufen hatte. Der konservative Politiker machte Karriere im engsten Umfeld von Orbán, brach aber im Zuge eines Amnestie-Skandals mit ihm. Mit ausgiebigen Touren durch ganz Ungarn sowie einer intensiven Social-Media-Kampagne erlangte Magyar im vergangenen Jahr rasch breite Bekanntheit. Bei der EU-Wahl letzten Juni erreichte seine Tisza-Partei aus dem Stand fast 30 Prozent.
In seiner Rede am Samstag erinnerte Magyar an die Probleme des Landes im Gesundheits- und Bildungssystem. Er kritisierte die wirtschaftliche Situation und behauptete, Ungarn sei unter Orbáns 15-jähriger Herrschaft zu einem der ärmsten EU-Länder geworden, während der Ministerpräsident zu einem der reichsten Männer Europas aufgestiegen sei.
Die nächsten Parlamentswahlen sind im Frühjahr 2026 und könnten die von vielen herbeigesehnte politische Wende markieren. Mittlerweile liegt Magyars Tisza in vielen Umfragen bereits vor Orbáns Fidesz. Zugute kommt Magyar dabei die anhaltend hohe Inflation sowie die schlechte wirtschaftliche Lage, die Orbán zugeschrieben werden.
Klares Bekenntnis zur EU
Inhaltlich gibt sich Magyar, wie Orbán ein Konservativer, oft bewusst offen, um möglichst viele Wähler anzusprechen. Fest steht: Die Unterschiede bei manchen Kernthemen, etwa bei der Einwanderungs- oder Ukrainepolitik, sind nicht allzu groß. Anders als Orbán bekennt sich Magyar aber klar zur EU, zur unabhängigen Justiz und zu freien Medien.