Krieg in Nahost: Israels Schlag in Katar war wohl ein Fehlschlag

Berlin taz | Immer realistischer scheint es, dass Israel mit seinem Angriff auf Hamas-Anführer in Katars Hauptstadt Doha am Dienstag nicht das gewünschte Ziel erreicht hat. Das berichten verschiedene israelische Medien: Der öffentliche Rundfunksenders Kan gibt etwa an, dass Israel die USA über die „signifikant gesunkene“ Chance eines „erfolgreichen Angriffs“ informiert habe.

Der katarische Sender Al-Jazeera berichtete am Dienstag, dass fünf Hamas-Mitglieder sowie ein Mitglied der Sicherheitskräfte Katars getötet wurden – laut der Hamas sind aber unter den fünf Getöteten nicht die wichtigen Köpfe der Organisation, wie etwa Chef-Verhandler Khalil al-Hayya, auf die Israel Berichten nach zielte.

Sollte sich herausstellen, dass der Angriff tatsächlich nur rang­niedrigen Hamas-Mitgliedern das Leben gekostet hat, könnte das Israels Premier Benjamin Netanjahu ziemlich in die Bredouille bringen. Denn einerseits ist eine ganze Welle der globalen Verurteilungen angelaufen: So erklärte der Generalsekretär des Golf-Kooperationsrats GCC, dass der Angriff nicht nur Katar, sondern alle Mitgliedsstaaten am arabischen Golf betreffe.

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Ich bin nicht begeistert von der ganzen Situation

US-Präsident Donald Trump

Auch US-Präsident Donald Trump erklärte am Dienstag: „Ich bin nicht begeistert von der ganzen Situation. Es ist keine gute Situation.“ Und der deutsche Außenminister Johann Wadephul betonte: „Dieser Schlag ist inakzeptabel.“

Können die USA noch Sicherheitsgarantien geben?

Israel habe also für seinen Angriff in Katar hohe diplomatische Kosten in Kauf nehmen müssen, dafür aber wohl keinen Erfolg erzielt, sagt Rob Geist Pinfold, Dozent für Verteidigungsstudien am King’s College London gegenüber der taz. Für eine Konferenz befindet er sich derzeit in Doha und beschreibt die Stimmung vor Ort als durchaus besorgt. „Wäre dieser Angriff erfolgreich gewesen, hätten wir im Anschluss wohl eher eine Deeskalation erlebt.“ Doch nun habe Israel „allen Grund, es erneut zu versuchen“.

Andererseits brodelt es in Israel selbst. Die Proteste für einen Waffenruhe-Geisel-Deal mit der Hamas für den Gaza­streifen nahmen jüngst wieder zu, vor der nun anlaufenden Offensive auf Gaza-Stadt. Doch ob Israels Militär diese so durchziehen kann, wie sich Netanjahu und seine Regierungspartner das vorstellen, scheint fraglich.

Jüngst hatte das Militär die Einberufung von 60.000 Reservisten angekündigt, laut israelischen Medien seien aber verhältnismäßig wenige dem Ruf gefolgt. Und dass es Differenzen zwischen Militärchef Eyal Zamir und Premier Netanjahu über die Umsetzbarkeit der Offensive gibt, ist bekannt.

Pinfold, der zuvor an der Hebrew University in Jerusalem forschte, sagt: „Ich glaube nicht, dass Netanjahu Gaza-Stadt wirklich erobern will.“ Aber nur bei einem erfolgreichen Angriff in Doha hätte Netanjahu diesen als Schlag gegen die Hamas verkaufen und von der Offensive auf ganz Gaza-Stadt doch noch ablassen können.

Die USA werden einen Preis zahlen müssen

Auch die USA werden wohl einen politischen Preis für den Angriff bezahlen. Katar ist das mindestens fünfte Land, in dem Israel in den vergangenen Monaten Ziele angegriffen hat. Aber es ist davon der erste „Major Non-Nato-Ally“, also ein enger Verbündeter der USA. Die Golfstaaten im Allgemeinen haben eine historische Nähe zu den USA und betrachten dies als Sicherheitsgarantie.

Wenn die USA nun nicht mehr befähigt seien, einen engen Verbündeten wie Katar vor einem Luftangriff ihres anderen engen Verbündeten Israel zu schützen, rüttelt das an diesem Bild. Das könnte Konsequenzen auch für andere Konflikte haben – gelten doch US-Sicherheitsgarantien als beliebte Absicherung in Verhandlungen. „Das wird die Zweifel anheizen, zur Fähigkeit wie dem Willen der USA, diese in der Region zu geben“, sagt Pinfold.

  • informationsspiegel

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